Releasemanagement bedeutet, die Verwaltung über die Releaseversionen der Software bestimmen zu können. Auf der einen Seite sind Releasewechsel mit Kosten und Aufwand verbunden, auf der anderen Seite sind Releasewechsel erforderlich. Die Software muss aktualisiert werden, weil sie fachlichen Anforderungen (kundenseitige Systemumgebung, Sicherheitsanforderungen, gesetzlichen Regelungen, etc.) genügen muss, die sich im Laufe der Zeit ändern. Der Interessenkonflikt zwischen dem IT- Unternehmen und dem Kunden besteht über die Frage, wer darüber bestimmen darf, wann ein neues Release installiert werden darf.
Ein paar Grundlagen.
Das Wirtschaftliche
Im Wesentlichen geht es um Kosten. Für das IT- Unternehmen ist es aufwändig und teuer, viele ältere Versionen der Software unterstützen zu müssen. Heutzutage kommt erschwerend der Personalmangel hinzu.
Für den Kunden ist ein Releasewechsel mit dem Risiko verbunden, dass nach dem Releasewechsel Funktionen verschwunden sind oder nicht mehr funktionieren – und also- die neuen Releases eigentlich aufwändig getestet werden müssen, wenn neue Software in Betrieb gesetzt wird.
Je mehr diese Standardsoftware individualisiert auf die Anforderungen des Kunden geändert wurde, desto teurer sind die erforderlichen Maßnahmen. Es kann sein, dass eine individualisierte Software wieder aufwändig an das geänderte Release der Standardsoftware angepasst werden muss. Der Kunde zahlt also hier nicht nur für den Test des neuen Releases, sondern erheblich viel mehr Geld für die Anpassungen der individualisierten Bestandteile, den Einsatz eigener Ressourcen einmal nicht mitgerechnet. Kurz: Je individualisierter eine Software ist, desto teurer ist auch der Betrieb.
Bestimmungsrecht aus der Perspektive des Urheberrechts:
Zunächst mal wieder zum kleinen abc der Nutzungsrechte für Software: Sofern ich nachfolgend von „Nutzen“ spreche, meine ich das Recht dazu, dass man die Software installieren und in den Arbeitsspeicher laden oder (bei Cloudservices) auf die Webserversoftware zugreifen kann. Diese Nutzungsrechte sind essentiell dafür, dass eine Software produktiv genutzt werden kann.
Im Rahmen von Softwarepflegeverträgen gibt es urheberrechtlich kein Bestimmungsrecht des IT- Unternehmens, darüber bestimmen zu können, welches Release produktiv genutzt werden darf und welches nicht. Der Kunde erhält an den Releases, die im Rahmen eines Softwarepflegevertrags überlassen werden, zeitlich unbeschränkte Nutzungsrechte. Also das zeitlich unbeschränkte Recht zur Vervielfältigung oder zum Access der Serversoftware. Der Kunde hat die Software im Rahmen von Kauf- oder Werkverträgen erworben, kann also aus der Perspektive des Urheberrechts das Release so lange nutzen, wie er möchte. Er muss nicht wechseln.
Anders im Mietrecht. Das IT- Unternehmen kann im Rahmen des Urheberrechts darüber bestimmen, welches Release vermietet wird. Es kann bestimmen, dass die Nutzungsrechte an älteren Releases erlöschen.
Bestimmungsrecht aus der vertraglichen Perspektive
Softwarepflegeverträge: Vertragsrechtlich kann man definieren, dass bestimmte Releases nicht mehr Gegenstand der „Pflegeleistungen“ sind. Ältere Releases werden nicht mehr gepatcht, für ältere Releases wird kein kompatibles Update mehr erstellt, keine Hotline mehr betrieben, sie fallen aus dem Support, etc. Meist vereinbart man mit dem Kunden, dass diese Leistungen über eine bestimmte Zeit für besondere Kosten (dennoch) erbracht werden.
Mietverträge: Hier hat man die Möglichkeit, dem Kunden über den Entzug der Nutzungsrechte dazu zu zwingen, auf eine jüngere Version der Software zu wechseln.
Update ist Pflicht
Das eine wichtige Thema, dass die IT- Unternehmen dazu verpflichtet, die Software zu aktualisieren, ist die technische Absicherung der Software gegenüber den Cyberattack-Risiken. Je näher die Software am Zugang zum Internet ist, desto schneller und desto eher muss die Software geändert werden können. Man lese sich die Anforderungen des BSI zum sicheren Betrieb von Software durch.
Zweitens verändert sich immer wieder die Systemumgebung des Kunden oder die Softwarehersteller verändern bestimmte, erforderliche Bestandteile. Drittens können sich geänderte Anforderungen daraus ergeben, dass die Software z.B. die neu anzuwendenden Gesetze etc. nicht mehr richtig abbildet.
Die Frage ist also nicht, ob eine Pflicht zum Wechsel aus sachlicher Notwendigkeit besteht, sondern nur, wie oft – und was man dabei vertraglich zu berücksichtigen hat.
Das steht im Teil II .