Auch in der IT- Branche gibt es jetzt häufiger Abmahnungen wegen falscher Lizenzbestimmungen. Nach dem UWG sind allgemeine Geschäftsbedingungen ein Bestandteil der Werbung. Falsche Allgemeine Geschäftsbedingungen können also abgemahnt werden mit dem Ziel, dem Wettbewerber zu verbieten, eine bestimmte Allgemeine Geschäftsbedingung(en) im geschäftlichen Verkehr zu verwenden.
Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn eine allgemeine Geschäftsbedingung(en) dazu führt, dass ein Kunde annimmt, ein bestimmtes Produkt nicht nutzen zu können, ohne dass ein Lizenzverstoß vorliegt. In diesem Fall liegt in der Regelung eine „Behinderung“.
Im vorliegenden Fall sind beide Parteien mit Management- Informationssystemen für Krankenhäuser auf dem Markt vertreten. Diese Systeme werten die Datenbank der Krankenhäuser, in denen die Daten der Krankenhausinformationssysteme gespeichert sind, betriebswirtschaftlich aus.
Die angegriffene Regelung lautet inhaltlich:
„Es ist untersagt, Anwendungen von Drittherstellern zu verwenden, welche direkt auf die vom Anwendungspaket benutzte Datenbank zugreifen oder indirekt Zugriff auf die in der Datenbank gespeicherten Informationen haben.“
Der Mitbewerber griff diese Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen an. Er mahnte den Verwender der Regelung ab und verlangte die Unterlassung der Verwendung dieser Regelung. Die Gerichte bejahten das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs.
Während der Mitbewerber die Regelung mit der nach meiner Ansicht überzeugenden Argumentation angriff, diese Regelung würde den Mitbewerber unangemessen benachteiligen, da der Kunde den Eindruck erlangen müsse, er dürfe kein anderes Krankenhausinformationssystem verwenden, welches dieselbe Datenbank verwende wie die Software des Wettbewerbers.
Das Gericht bejahte den Unterlassungsanspruch aus einem anderen Grund und war der Ansicht, dass es auf diese Frage überhaupt nicht ankäme. Anwälte sagen in solchen Momenten, dass die Gerichte sich um den eigentlich interessanten Aspekt des Falls drücken würden – Aber das dürfen Gerichte.
Das OLG befand nämlich, dass die Regelung unwirksam sei, weil sie nicht hinreichend klar und präzise sein würde. Es sei unklar, ob durch die Regelung jeglicher Zugriff untersagt werde, oder aber, ob z.B. ein Lesezugriff möglich sei. Das sei schon deshalb irritierend, weil die Daten dem Krankenhaus zustünden und nicht dem angegriffenen Hersteller des Krankenhausinformationssystems. Die Daten, die in der Datenbank angeordnet seien, gehörten nicht einem Hersteller der Software. Vor diesem Hintergrund stellten sich Fragen, die die Regelung nicht hinreichend klar beschreiben würde.
Ich halte das Ergebnis für richtig, die Begründung für falsch. Die Regelung bezweckt, dass eine Datenbank, deren Daten durch eine Software bearbeitet werden (Früchte) nicht auch durch eine andere Software bearbeitet werden darf und ist insofern eindeutig. Nur ist das eben rechtlich nicht wirksam, weil – und hier folge ich dem Gericht – die Daten in der Datenbank dem Krankenhaus gehören und nicht etwa dem Betreiber der Software. Man stelle sich vor, Microsoft würde dem Kunden durch eine Regelung im Kleingedruckten verbieten, Texte die mit Word geschrieben worden sind, auch mit anderen Tools zu lesen oder zu bearbeiten. Noch plastischer: Nur weil ich in einem Mercedes nach Stuttgart gefahren bin, kann man mir nicht verbieten, in einem Audi nach München zu fahren.
Man kann es nicht häufig genug wiederholen: Anders, als in den USA, besteht in Europa durch die Rechtsprechung nahezu ein Numerus clausus der Verbietungsrechte. Diese werden im Wesentlichen durch die Gesetze vorgegeben und die Gerichte reagieren sehr zögerlich auf die Versuche, die Anzahl der Verbietungsrechte zu erweitern. Man kann deshalb nicht einfach neue Verbietungsrechte in Verträgen erfinden und dann darauf setzen, dass die Gerichte diese akzeptieren. Was eben immer häufiger geschieht, ist, dass die Marktteilnehmer im Wege des Wettbewerbsrechts gegeneinander vorgehen, was ich richtig finde.