AGB: Aufrechnungsklauseln

Aufrechnungsklauseln finden sich in nahezu sämtlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Entweder in der Gestalt, dass Aufrechnungen lediglich beschränkt zugelassen werden oder aber, dass diese gar vollständig ausgeschlossen werden. Letztere Regelung verstößt jedoch gegen das Gesetz. Welche Folge dieser Gesetzesverstoß hat, wird nachfolgend erläutert.

Fallbeispiele:

Fall 1: Kunde K schuldet dem IT Unternehmen A 10.000 Euro aus der Erbringung von Dienstleistungen. K will aber mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 5.000 Euro aufrechnen, weil A zu spät mit seinen Leistungen begonnen hat / A einen Schaden an der Datenbank in Höhe von 5.000 Euro verursacht hat. A bestreitet den Schadensersatzanspruch.

Fall 2: K schuldet dem A 20.000 Euro bei Beendigung eines Projektvertrags. K ist nicht bereit, so viel zu zahlen, zumal A dem K noch die Übermittlung von 3 analysierten Datensätzen schuldet. Diese Datensätze haben insgesamt einen Wert von ca. 10.000 Euro. Deswegen erklärt K dem A er sei lediglich bereit 10.000 Euro noch zu zahlen und verweist auf die Datensätze.

Sinn und Zweck

Die „Aufrechnung“ ist aus juristischer Sicht eine andere Art der „Erfüllung“ (sog. Erfüllungssurrogat). Mit anderen Worten: Durch eine wirksame Aufrechnung wird die Hauptforderung getilgt.

Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung sind

  • die Gegenseitigkeit,
  • die Gleichartigkeit und
  • die Fälligkeit

der jeweiligen Forderungen.

Begriffserläuterung:

Für ein Verständnis ist zunächst zu klären, was unter „Gegenseitigkeit“, „Gleichartigkeit“ und „Fälligkeit“ zu verstehen ist.

  • Mit dem Erfordernis der Gegenseitigkeit ist lediglich gemeint, dass derjenige der aufrechnen möchte, in den jeweiligen Rechtsverhältnissen einmal der Schuldner und zugleich der Gläubiger ist. Mit anderen Worten ist die Wechselseitigkeit in der Vertragsbeziehung gemeint. Damit soll verhindert werden, dass „Dritte“ (Nichtbeteiligte des Vertragsverhältnisses) eine Aufrechnung erklären und somit eine „Erfüllung“ herbeiführen können. Die Gegenseitigkeit bezieht sich somit nur auf die beiden Vertragsparteien, welche gleichzeitig die jeweiligen Aufrechnungsparteien darstellen.
  • Die Gleichartigkeit bezieht sich auf den Gegenstand der Leistung. In der Praxis ist diese Gleichartigkeit in der Regel dadurch gegeben, dass die Parteien gegenseitige Geldforderungen aufrechnen wollen. Vereinfacht gesagt: Eine Geldforderung kann mit einer anderen Geldforderung aufgerechnet werden. Hingegen kann eine Geldforderung nicht mit einer Herausgabe eines Gegenstandes aufgerechnet werden.
  • Mit der Fälligkeit ist gemeint, dass der Forderung keine Einrede (bspw. Verjährung, Nichtigkeit etc.) entgegensteht. Dabei ist es schon ausreichend, dass die Möglichkeit der Einrede besteht. Diese muss noch nicht erhoben worden sein.

Lösung Fall 2: A verlangt von K die Begleichung einer Geldschuld. K macht dagegen einen Herausgabeanspruch gegen A geltend. Dass die Datensätze einen Geldwert aufweisen, ist dabei unerheblich. Vielmehr steht hier eine Geldforderung einem Herausgabeanspruch gegenüber. Die Leistung ist somit nicht gleichartig und eine Aufrechnung ist nicht möglich.

Einschränkungen:

  • Das Gesetz sieht in § 309 Nr. 3 BGB Fälle vor, in denen eine Aufrechnung in den AGB nicht wirksam ausgeschlossen werden kann. Hat der AGB-Verwender dennoch einen grundsätzlichen Ausschluss einer Aufrechnung formuliert, so ist dieser nicht wirksam. Mit anderen Worten: in den von § 309 Nr. 3 BGB definierten Fällen kann dennoch eine Aufrechnung erklärt werden.
  • Nach dem Gesetz ist eine Aufrechnung immer möglich, wenn die Forderung unbestritten oder rechtkräftig festgestellt ist.

Eine Forderung ist unbestritten, wenn keine Meinungsverschiedenheit über den Bestand der Forderung zwischen den Parteien herrscht. In der Theorie ist dies vorstellbar. In der Praxis wird eine solche Einigkeit zwischen den Parteien jedoch nicht bestehen.

Somit ist ein Fall der „rechtskräftigen Feststellung“ interessanter und in der Praxis von höherer Bedeutung und Wahrscheinlichkeit. Voraussetzung für eine rechtskräftige Feststellung ist dem Wortlaut nach ein abgeschlossenes Rechtsverfahren. Neben einem Gerichtsverfahren kann auch ein wirksames Anerkenntnis einer Partei einen solchen Abschluss darstellen. Mit solchen Forderungen kann eine Aufrechnung im Ergebnis, trotz anderweitig lautender AGB, erklärt werden. Diese muss der andere Vertragspartner auch gegen sich gelten lassen.

  • Auslegung/ Teilbarkeit: Im unternehmerischen Bereich ist zu beachten, dass eine Auslegung der AGB-Klausel in bestimmten Fällen aber zu einer Wirksamkeit führen kann. Dies sind Fälle in denen eine AGB-Klausel als „teilbar“ angesehen wird (hier bleibt der wirksame Teil bestehen und der unwirksame wird durch gesetzliche Regelungen ergänzt).
  •  Unbestrittene Forderung: In Fällen, in denen eine Aufrechnung mit „unbestrittenen Forderungen“ vorgesehen wird gilt: Der Terminus „unbestrittene Forderungen“ beinhaltet als Auslegungsmöglichkeit, dass „rechtskräftig festgestellte Forderungen“ mit erfasst sein sollen. Wodurch diese Formulierung im unternehmerischen Verkehr in den jeweiligen AGB wirksam verwendet werden kann.

Lösung Fall 1: A bestreitet den Schadensersatzanspruch des K. Somit besteht eine Meinungsverschiedenheit über den Bestand der Forderung. Alle anderen Voraussetzungen wären gegeben. Eine Aufrechnung ist in diesem Fall nicht möglich. Anders wäre dieser Fall zu bewerten, wenn der Schadensersatzanspruch bereits durch ein Gerichtsverfahren festgestellt wurde.

Fazit

Insgesamt dienen Aufrechnungsklauseln in AGB somit einer Verdeutlichung, wann ein Unternehmen eine Aufrechnung gegen sich gelten lassen möchte. Die Klauseln sollten jedoch in Ihrer Formulierung gut auf Ihre Wirksamkeit geprüft sein.

Im unternehmerischen Verkehr ist es geboten, jene Formulierung des § 309 Nr. 3 BGB konkret zu reflektieren, damit eine wirksame AGB-Klausel vorliegt. Sollte eine Aufrechnungsklausel unwirksam sein, gilt der Grundsatz, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung kommen. Dieser Grundsatz ist gleichsam ein Merksatz: „An die Stelle einer unwirksamen Regelung in AGB tritt das Gesetz“.

Miriam Reichow/ Stefan Kramer

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