Nach den jetzt vorliegenden Informationen tritt das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz am 1.4.2017 in Kraft. Über das neue AÜG wurde schon an anderer Stelle berichtet. Fallen die geleisteten Dienste unter dem Begriff der Arbeitnehmerüberlassung, so bestehen weitreichende Konsequenzen bis hin zu der automatisierten Einstellung des Angestellten im Betrieb des Kunden, der der eigene Angestellte des IT Unternehmens widersprechen muss.
Die einzig relevante Frage lautet daher, was muss man tun, damit die Leistung die man erbringt nicht als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert werden. Dieser Blog versucht, praktische Hinweise zu geben.
Zunächst einmal gilt hier wie auch an anderen Stellen, dass der gelebte Vertrag wichtiger ist als die vertragliche Konstruktion, die die Parteien auf dem Papier abschließen. Die Gerichte werden immer anhand der Umstände des Einzelfalles entscheiden, ob eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt oder nicht. Im Falle dessen, dass die Gerichte von dem Bestehen einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ausgehen, drohten beiden Parteien Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 €. Zudem beginnen die Kunden jetzt, in ihren Verträgen Klauseln aufzunehmen, nach deren Inhalt das IT Unternehmen die Kunden vor jeglichen Folgen einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung freihalten.
Änderungsbedarf
Die Gerichte werden bei der Bewertung weniger die kunstvoll gestalteten Verträge anschauen als vielmehr auf die tatsächlichen Arbeitsweisen zu analysieren. Und hier gibt es einiges, was man tatsächlich tun kann und was in IT Verträgen anders geregelt wurde.
Recht des Kunden, einen Mitarbeiter behalten zu dürfen
In vielen IT Verträgen, die ich selbst gestaltet oder analysiert habe, stehen Regelungen darüber, daß in Projekten, Beratungs- Support- oder Managed Services Verträgen spezielle Mitarbeiter des IT Unternehmens nur bei Vorliegen besonderer Gründe ausgetauscht werden dürfen. Das konnte man aus der Sichtweise des Kunden verstehen, ist aber angesichts der Ausgestaltung des AÜG eine schlechte Idee. Ganz klassisch muß das IT Unternehmen völlig freie Hand dabei haben, welche Mitarbeiter es einsetzen darf und welche nicht. Und ein Mitarbeiter sollte jetzt auch nicht mehr als sechs Monate schwerpunktmäßig für einen Kunden eingesetzt werden. Der Kunde darf keinen Einfluß auf die Frage haben, welche Angestellten des IT Unternehmens eingesetzt werden, sondern nur noch darauf, welche fachliche Qualifikation diese haben. Auch Klauseln, nach deren Inhalt der Kunde aus „Gründen der Chemie“ für einen Austausch plädieren kann und damit doch wieder eine Mitsprachemöglichkeit über die Personen der eingesetzten Mitarbeiter erhält, sind gefährlich,
Weisungsrechte des Kunden
Weisungsrechte des Kunden im Werkvertragsrecht waren schon immer falsch. Wer ein Werk schuldet, ist selbst verantwortlich dafür, daß ein bestimmter Erfolg eintritt und darf sich hinsichtlich der Art und Weise der Realisierung auch nicht von einem Kunden beeinflußen lassen. Aber etwas anderes spielt eine Rolle: Natürlich darf der Kunde im Rahmen von Changes immer wieder auf einzelne Personen Einfluß nehmen. Nur müssen die Arbeitsabläufe hier geändert werden. Wenn bestimmte Personen als alleinige Kontaktpersonen benannt werden und bestimmte Change procedures in den Verträgen geregelt werden, dann sind diese auch einzuhalten. Gefährlich sind genau die Muster, in denen ein beliebter Mitarbeiter der IT für einen Kunden zuständig ist, einen guten Draht zu allen Mitarbeitern des Kunden hat und von diesen immer und zu jederzeit angerufen werden kann, um Wünsche zu erfüllen. Genau dann erwachsen die Gefahren.
Räumliche Trennung
Auch wird vorgeschlagen, daß die arbeitenden ITLer nicht mehr beim Kunden vor Ort arbeiten dürften, also am besten nur noch per Remote arbeiten dürften. Wie das in der Praxis umzusetzen sein wird, bleibt unklar. Die Itler arbeiten vor Ort beim Kunden, weil die Kommunikationswege kürzer werden sollen. Jedenfalls sollten die arbeitenden Mitarbeiter auf keinen Fall keine E-Mail Adressen etc. unter der Domain des Kunden haben, keine interne Telefonnummer. Es gilt den Anschein zu vermeiden, daß der Mitarbeiter in das Unternehmen des Kunden integriert ist.
Kommunikation
Direkte Kommunikation zwischen den Personen solle verboten sein, am besten kommuniziere man nur über die genannten Projektleiter.
Benennung der konkreten Aufgaben
Die Aufgaben der Mitarbeiter sollten konkret mit Terminen in den Verträgen benannt werden. Die Gefahr droht ja immer dann, wenn der Kunde die eigenen Mitarbeiter quasi in einer Art body leasing beschäftige.
Insgesamt: Das AÜG mag für bestimmte Branchen gut gemeint sein. Für die Welt der IT ist es ein Hindernis. Man erkläre mir, warum Mitarbeiter eines Unternehmens fürchten müssen, morgen bei Kunden angestellt zu sein, wenn das vielleicht nicht sinnvoll ist. Es droht ein hoher administrativer Aufwand und – wenn wir ehrlich sind – eine Realität, die sich stark von den Gesetzen unterscheidet. Man sollte das Gesetz schnell nachbessern.