AGB-Recht: Haftungsbeschränkungsklausel – Individualvereinbarung – Transparenz

1.) BGH-Entscheidung vom 4. Februar 2015, § 309 Nr. 7a,b BGB, VIII ZR 26/14

Beiliegend erneut eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, aus der sich inhaltliche Anforderungen im Hinblick auf die Formulierung allgemeiner Geschäftsbedingungen ergeben. Diese Formulierungen sollten verständlich sein, so der BGH. Vor allem aber macht diese Entscheidung noch einmal deutlich, dass die in der Praxis vielfach verwendete Formulierung „Individualvereinbarung“ oder „Individualvertrag“ von dem BGH anders verwendet wird als man als Laie vermuten möchte.

Kurztext: Eine Freistellung von der Haftung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach deren Inhalt die Haftung beim Verkauf von Waren auch die Freistellung von Gesundheitsschäden sowie für sonstige Schäden auch bei groben Verschulden ausgeschlossen ist, hält eine Inhaltskontrolle am Maßstab des § 309 Nr. 7a,b BGB nicht stand.

Das ist keine Überraschung, sondern derzeit „Standardwissen“ der Juristen. Die Entscheidung ist zwei Gründen interessant:

Individualvereinbarung oder Individualvertrag

Der BGH stellt zunächst fest, dass eine allgemeine Geschäftsbedingungen dann vorliegt, wenn ein Vertrag für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist. Die Qualifikation der Regelung als allgemeine Geschäftsbedingungen scheitert nicht daran, dass diese Formulierung nur für ein einziges Geschäft verwendet wird. Allgemeine Geschäftsbedingungen legen auch dann vor, wenn sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert werden. Das gelte selbst dann, wenn der Verwender Gedankenstrich also die Partei die die einzelne Regelung im Vertrag vorgeschlagen hat, diese Formulierung nur für diesen einzigen Vertrag verwenden will. Das ist auf den ersten Blick überhaupt nicht zu verstehen.

Der normale Menschenverstand würde einem vermutlich sagen, dass ein Individualvertrag ein Vertrag ist, die man genau für einen Fall formuliert. Das ist aber nicht der Fall. Die Anforderung des BGHs an das Vorliegen einer Individualvereinbarung sind hoch. Eine Individualvereinbarung liegt nur dann vor, wenn die einzelnen Regelungen oder der gesamte Vertrag ausverhandelt wurde.Eine Individualvereinbarung ist also das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses. Sie entsteht nicht dadurch, daß eine Regelung oder ein Vertrag nur für einen Fall formuliert wurde, sondern dadurch, daß man gemeinsam mit dem Kunden eine Verhandlung geführt hat.

Wenn Sie also nur mit einem einzigen Kunden eine Regelung treffen wollen, nach deren Inhalt die Haftung für ihr Unternehmen auf eine Summe von 250.000 € maximal begrenzt wird, und diese Regelung nur bei diesem einen Kunden verwenden, handelt es sich im Ergebnis noch nicht um eine Individualvereinbarung. Ich habe an anderer Stelle ausführlich dargelegt, welche Voraussetzungen der BGH an das Bestehen einer Individualvereinbarung stellt.

Die einzelne Regelung muss ausverhandelt sein, sonst läuft die Maschinerie des BGHs zum Thema Allgemeine Geschäftsbedingungen wieder auf Hochtouren. Im zweiten Schritt legte der BGH seine bekannte Rechtsprechung zu dem Thema Haftungsbegrenzung dar. Danach dürfen auch im Unternehmensverkehr keine Regelung verwendet werden, nach deren Inhalt die Haftung für grobes Verschulden oder für eine Verletzung von Leben oder Gesundheit (Körper oder Gesundheitsschäden) ausgeschlossen wird. Das ist – wie gesagt – Standard.

Im letzten Schritt erkennt der BGH wieder etwas, was für die rechts Sprechung des BGH typisch ist. Der BGH sagt, dass die Regelungen, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet werden, aus sich heraus verständlich sein müssen. Eine Regelung die besagt, „soweit dies gesetzlich zulässig ist“ ist unwirksam, weil sie gegen das Verständlichkeitsgebot des § 307 BGB verstößt

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