Marken setzen sich aus zwei Bestandteilen zusammen, dem Zeichen und dem Verzeichnis derjenigen Waren und Dienstleistungen, für die Schutz beansprucht werden soll. Für die Waren und Dienstleistungen sind in der Nizza-Klassifikation in 45 Klassen bestimmte Oberbegriffe festgelegt, die dem Anmelder die Orientierung erleichtern sollen. Mit der Entscheidung „IP-Translator“ vom 19.06.2011 stellte der EuGH in Bezug auf die Verwendung dieser Oberbegriffe wichtige Weichen: Er stellte fest, dass einige der Klassenüberschriften zu unbestimmt seien, um allein durch deren Verwendung Schutz für alle in der Klasse enthaltenen Waren beanspruchen zu können. Das EuG hatte sich nun mit der Frage zu befassen, wie mit Marken zu verfahren ist, die vor diesem Urteil angemeldet wurden.
Darum ging’s: Gegen die Marke „LAMBRETTA“ war beim HABM ein Löschungsverfahren eingeleitet worden. Denn die Marke – so der Vorwurf – werde für die angemeldeten Waren gar nicht benutzt. Angemeldet worden war die Marke bereits im Jahr 2000, also lange vor der Entscheidung „IP-Translator“. Damals waren für die Klasse 12 lediglich die Oberbegriffe aus der Überschrift der Klasse, nämlich Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser verwendet worden – nach heutigen Maßstäben sicher zu unbestimmt.
Damals aber, so urteilte jetzt das EuG, hätte die Maßgabe gegolten, dass, wer eine Marke anmeldet und dabei die Überschrift einer Waren- oder Dienstleistungsklasse benutzt, Schutz für sämtliche in dieser Klasse enthaltenen Waren oder Dienstleistungen beanspruchen möchte.
Für die Praxis bedeutet dies, dass solchen älteren Marken in gewisser Weise eine Privilegierung zukommt. Diese ist aber auch gerechtfertigt, weil anderenfalls zahllosen älteren Marken die Löschung drohen würde, schlicht weil die Anforderungen aus der Entscheidung „IP-Translator“ rückwirkend angewandt würden. Das kann nicht sein.
Dennoch bleibt es dabei, dass im Falle eines Löschungsantrags Benutzungsnachweise für die Marke erbracht werden müssen. Im hier entschiedenen Verfahren war die Markeninhaberin dazu wohl lediglich für einen sehr schmalen Teil des Verzeichnisses, nämlich „Ersatzteile für Motorroller“ in der Lage. Damit würde das Verzeichnis der geschützten Waren künftig auch nur auf diesen kleinen Ausschnitt beschränkt.