Hat ein Arbeitgeber den Verdacht, ein Mitarbeiter entwende Waren, darf er nicht heimlich den Spind oder sonstige abgeschlossene private Dinge des betroffenen Arbeitnehmers durchsuchen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass in einem solchen Fall ein umfassendes Beweisverwertungsverbot für die durch die Untersuchung gefundenen Beweise bestehe. Die Kündigungsmöglichkeit wegen des Verdachts einer Straftat bleibt in diesen Fällen aber dennoch grundsätzlich möglich (Urteil vom 20.06.2013 – 2 AZR 546/12).
Darum ging’s: Der Arbeitgeber verdächtigte einen seiner Mitarbeiter, aus dem Warenbestand des Unternehmens Damenunterwäsche entwendet und in seinen Spind gelegt zu haben. Daraufhin öffnete der Arbeitgeber in Anwesenheit eines Mitglieds des Betriebsrats heimlich den Spind – und fand dort die Unterwäsche. Der Arbeitnehmer wurde hierüber erst später informiert. Eine Untersuchung des Arbeitnehmers beim Verlassen des Betriebsgeländes fand nicht statt, die Polizei fand in seiner Wohnung keine entwendeten Gegenstände, und eine neuerliche Durchsuchung des Spinds blieb ebenfalls ohne Ergebnis.
Dennoch kündigte der Arbeitgeber fristlos mit der Begründung, der Arbeitnehmer habe Waren gestohlen. Hilfsweise erklärte er die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Der anschließende Kündigungsschutzprozess ging bis vor das BAG.
Wie die Vorinstanzen kamen die Erfurter Richter zu der Überzeugung, dass die aus der heimlichen Dursuchung des Spinds gewonnenen Erkenntnisse im Prozess nicht verwertet werden dürften. Denn die heimliche Durchsuchung des Spinds stelle einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters dar, der in dieser Form nicht erforderlich und daher rechtswidrig gewesen sei. Die Maßnahme hätte ebenso gut in Anwesenheit des Mitarbeiters durchgeführt werden können, was den Eingriff in die Persönlichkeitsrechte gemildert hätte. Weil bei einer prozessualen Verwertung eine neuerliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte drohe, sei – ausnahmsweise – von einem umfassenden Beweisverwertungsverbot der rechtswidrig erlangten Beweismittel auszugehen.
Interessant ist das Urteil aus datenschutzrechtlicher Sicht deswegen, weil das BAG dem Arbeitnehmerdatenschutz wichtige und allgemein gültige neue Konturen gibt. Im Arbeitsverhältnis regelt § 32 BDSG die Zulässigkeit der Datenerhebung. Gem. § 32 Abs. 2 BDSG sind hiervon nicht nur automatisierte Verarbeitungen, sondern praktisch alle tatsächlichen Umstände erfasst, welche der Arbeitgeber über seine Mitarbeiter kennt.
Erforderlich i.S.d. § 32 Abs. 1 BDSG ist eine Datenverarbeitung zur Aufdeckung einer Straftat danach nur, wenn sie angemessen, also verhältnismäßig ist. Danach werden solche Maßnahmen des Arbeitgebers, zu denen z.B. auch die Durchsuchung – auch – privat genutzter dienstlicher Mail-Accounts gehört, nur unter erschwerten Bedingungen zulässig sein. Insbesondere heimliche Maßnahmen werden künftig in Kündigungsschutzprozessen nur noch schwerlich Beachtung finden können.
Eine „Hintertür“ lässt das BAG den Arbeitgebern dennoch offen. Anders als die Vorinstanzen sieht das BAG angesichts der Umstände durchaus noch Raum dafür, eine außerordentliche Kündigung wegen des Verdachts einer Straftat auszusprechen. Dabei darf aber nicht einfach ein Verdacht darauf gestützt werden, dass ja bei der – nicht zu verwertenden – Durchsuchung tatsächlich ein Beleg für eine Straftat gefunden worden sei. Liegen aber andere Umstände vor, die auf eine Straftat mit hinreichender Sicherheit hindeuten, kann die Kündigung am Ende doch noch Bestand haben.