Softwarevertragsrecht: Leistungsstörung Kauf- und Werkvertragsrecht

Softwarevertragsrecht: Leistungsstörung Kauf – und Werkvertragsrecht

Selbstvornahme

Das Selbstvornahmerecht ist das Recht des Kunden, auf Kosten des Anbieters Nacherfüllungsansprüche durch Dritte zu realisieren. Für diese Tätigkeit kann der Kunde auch einen Vorschuss anfordern. Die praktische Relevanz des Rechts auf Durchführung der Selbstvornahme im Bereich der Softwareverträge wird immer wieder bestritten. Zum einen sei Software nicht kompiliert und man müsse sie auch nicht kompilieren, zum anderen sei häufig keine ausreichende Entwicklerdokumentation vorhanden und zum dritten sei die Einschaltung von Dritten deswegen unangebracht, weil die Einarbeitungszeit der Dritten unverhältnismäßig sei.

Das erste Gegenargument ist falsch. Verweigert der Unternehmer (also das IT-Unternehmen) die Durchführung der Nacherfüllung, so darf der Kunde unter gewissen Grenzen selbst dekompilieren. Schwerwiegender sind die Einwände bezüglich der nicht vorhandenen Entwicklerdokumentation bzw. der mangelnden Kompetenz des Dritten. Es wird zu Recht vorgetragen, dass die Einarbeitung eines Dritten zu viel Zeit beanspruche. Nun muss man sich klar machen, dass der Kunde immer die Möglichkeit hat, dem Unternehmer Spezialisten-Teams der Konkurrenz aufzuzwingen, um die Fehler zu beheben. Spätestens, wenn ein versierter Rechtsanwalt mittels eines Schreibens androht, man werde nunmehr den Code de-kompilieren und Spezialisten-Teams der Konkurrenz in den Code schauen lassen, wird der IT-ler, der bis dahin die Nacherfüllung verweigert hat sehr schnell darüber nachdenken, ob er nicht doch einen Vergleich abschließen möchte.

Minderung und Rücktritt

Das Rücktrittsrecht ist das Recht des Kunden vom Vertrag insgesamt zurückzutreten. Es ist dann nicht statthaft, wenn die Software lediglich unerhebliche Mängel aufweist (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). In diesen Fällen ist der IT-ler nicht klug beraten auf den Beseitigungsaufwand abzustellen, denn der Kunde wird kaum ermitteln können, ob ein leichter oder nicht leichter Fehler vorliegt und zu diesem Zweck den Fehler schon einmal probehalber beseitigen lassen. Besser ist es, in einem Prozess darauf abzustellen, dass die Funktionalität, welche betroffen ist, die Funktionalität der Software zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck nur unerheblich beeinträchtigt.

Teilleistung

Ein weiteres Problem besteht darin, ob eigentlich unerhebliche Mängel einer Gesamtlösung dann bestehen, wenn nur einzelne Module der gelieferten Software wirklich Mängel aufweisen, und ob in dem Fall nur das einzelne Modul Fehler aufweist, woraufhin dann der Kunde zum Rücktritt vom Gesamtvertrag berechtigt ist. Diese Frage beantworten Juristen im Hinblick aus der Perspektive des Kunden bestehende Zumutbarkeit der Nutzung der Gesamtlösung, die von den Anwälten der beiden Parteien natürlich unterschiedlich betrachtet wird. Die Kunden des Auftraggebers werden immer einwenden, dass die Module, die nicht so gut funktionieren, für die Funktionalität der Software insgesamt vollkommen unerlässlich sind; währenddessen der Rechtsanwalt, der den IT-ler vertritt argumentieren wird, dass die nicht so gut funktionierende Module keinesfalls gravierende Auswirkungen auf die Funktion des Gesamtsystem hätten. Erfahrungsgemäß werden diese Probleme im Rahmen eines Vergleichs gelöst. Vertraglich kann man sich gegen entsprechende Konstellationen schützen, in den man von vornherein die Funktionalitäten definiert, die einen Fehler der Klasse Level 1 oder 2 begründen.

Das Rücktrittsrecht des Kunden ist ferner ausgeschlossen, wenn er die ihm obliegenden Mitwirkungshandlungen nicht ordnungsgemäß erbracht hat. Zu den Einzelheiten siehe Kapitel Mitwirkungspflichten.

Bietet der Kunde den Rücktritt an, muss er die erhaltene Software deinstallieren und gezogene Nutzungen herausgeben. Mit diesen Terminus technicus meint der § 346 BGB, dass der Kunde die Vorteile, welche er durch die Nutzung der Software erlangt hat wieder herausgeben muss. Der Kunde kann also nicht über weite Strecken die Software nutzen und dann deinstallieren ohne etwas zu zahlen.

Die Höhe des Nutzungsausfalls wird nach meiner Ansicht dadurch ermittelt werden müssen, dass die Parteien den Wert einer Vergleichsmiete heranziehen. Heranzuziehen ist natürlich nur der Wert für die funktionierenden Teile der Software. Ein Ersatz von Nutzung wird also dann stets nicht in Betracht kommen, wenn der Kunde die Software nicht produktiv genutzt hat.

Erklärt der Kunde den Rücktritt, aber nutzt die Software trotzdem produktiv, bedeutet dies nicht, dass er sich kontradiktorisch verhält. Man weiß ja zum Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts noch nicht, ob das Gericht der eigenen Argumentation folgen wird und kann deswegen ruhigen Gewissen – freilich unter Ansetzung der oben genannten – Ausführungen zum Ersatz der Nutzung die Software auch weiter in Gebrauch halten.

Minderung

Die Minderung ist – wie der Name schon sagt – das Recht, weniger als vereinbart für die Erstellung des Werkes oder für die Lieferung der gekauften Software zu bezahlen. Die Frage der Angemessenheit der Höhe der Minderung ist wiederum eine Frage, welche Sachverständige und Richter zu beantworten haben.


 

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