Mit einer wegweisenden Entscheidung hat der EuGH einem der zentralen Begriffe des europäischen Markenrechts Kontur gegeben. In dem mit Spannung erwarteten Urteil in Sachen ONEL/OMEL legten die Luxemburger Richter Maßstäbe dafür fest, wann eine Gemeinschaftsmarke „in der Gemeinschaft ernsthaft benutzt wird“ (Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-149/11).
Konsequent im Sinne des europäischen Binnenmarkts entschied der EuGH, dass es hierfür nicht darauf ankommt, ob die Marke in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten benutzt wird. Eine länderübergreifende Benutzung sei zum Beispiel dann entbehrlich, wenn die Gemeinschaftsmarke in einem einzigen Mitgliedsstaat besonders intensiv genutzt wird. Umgekehrt muss aber auch eine Nutzung in gleich mehreren EU-Ländern nicht ausreichend sein, um eine „ernsthafte Benutzung“ zu belegen; nämlich dann, wenn diese nur wenig intensiv ist.
Vielmehr, so die Richter, sei es im Streitfalle Sache des angerufenen Gerichts, anhand qualitativer Merkmale die „ernsthafte Benutzung“ zu prüfen. Zentral ist dabei die Herkunftsfunktion der Marke, also die Frage, ob die Marktteilnehmer die Marke auf deren Inhaber zurückführen können oder nicht.
Weitere Tatsachen und Umstände müssen von den Gerichten zusätzlich geprüft werden, um die tatsächliche geschäftliche Verwertung einer Gemeinschaftsmarke zu untersuchen: die Merkmale des betreffenden Marktes, die Art der durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen, der quantitative Umfang der Benutzung sowie deren Häufigkeit und Regelmäßigkeit.
Für die Praxis bringt das Urteil insofern einen Fortschritt, als es einen jahrelangen Streit beendet und Unternehmen eine gewisse Flexibilität bei der Nutzung ihrer Gemeinschaftsmarken gibt. Auf der anderen Seite bleibt eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen, weil weiterhin auslegungsbedürftige Kriterien den Ausschlag dafür geben, ob eine Gemeinschaftsmarke Bestand haben kann oder nicht.