You win some, you lose some. In einer Klage vor dem Landgericht München hat die Wettbewerbszentrale erfolgreich gegen einen Hersteller und Vertreiber von Generika geklagt. Generika sind Arzneimittel, deren Patentschutz abgelaufen ist. Das Oberlandesgericht München hat jedoch die Entscheidung des Landgerichts München aufgehoben.
Das beklagte Unternehmen vertrieb Generika, die verschreibungspflichtig waren und von chronisch Kranken verwendet wurden, an Krankenhausapotheken. Die Angebote der Beklagten an Krankenhausapotheken lagen jedoch zum Teil unter 97 % der von ihr selbst festgelegten Abgabepreise für andere Abnehmer als Krankenhäuser. Als Maßstab für die Abgabepreise wurde die „Lauer Taxe“ herangezogen. Dabei war zu beachten, dass die Beklagte eine der drei größten Generika-Hersteller auf dem deutschen Markt ist.
Die Wettbewerbszentrale sah diese Niedrigpreis-Angebote für Krankenhausapotheken als unzulässig an.
Erstens verstoße die Beklagte damit gegen § 4 Nr. 11, §§ 3, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG, § 20 Abs. 4 GWB. Mit einem solchen Angebot behindere sie nämlich kleinere und mittlere Unternehmen, die ebenfalls Generika anbieten. Solche kleineren und mittleren Unternehmen können sich nämlich nicht erlauben, derart hohe Preisnachlässe anzubieten. Die Beklagte habe einen Marktanteil von 22 % im Bereich Generika.
Die kleineren und mittleren Mitbewerber werden insoweit behindert, als dass sie gezwungen seien, gleichwertige Preisnachlässe gegenüber Krankenhausapotheken anzubieten, da sie sonst keinen Marktzugang haben.
Die Zentrale hat argumentiert, dass sich die Belieferung der Krankenhausapotheken später auf dem übrigen Markt (ambulanter Markt, Apotheken, etc.) auswirke. Der Patient und der Arzt kennen nämlich das Präparat, das im Krankenhaus verordnet wird, so dass der Patient nach der Entlassung auch dieses Präparat verlangen würde. Allerdings würden die Präparate außerhalb der Krankenhausapotheke in der Regel etwas teurer sein als die der kleineren Mitbewerber. Damit finanziere die Beklagte auch die Billigpreise beim Krankenhaus.
Zweitens verstoße die Beklagte gegen §§ 3, 8 Abs. 1 und 2 Nr. 2 UWG, da auch eine allgemeine Marktbehinderung vorläge. Die Gefahr der Marktstörung bestehe dann, wenn Waren unterhalb der Selbstkosten verkauft werden.
Drittens argumentierte die Klägerin auf der Basis von § 4 Nr. 11, §§ 3, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 7 HWG.
Nach § 7 HWG sei die Gewährung von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Die Beklagte gewähre den Krankenhausapotheken durch die erheblichen Preisnachlässe Barrabatte und würde somit das Verbot der Naturalrabatte umgehen. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 in der Fassung vom 01.05.2006 sind Naturalrabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel untersagt. Dieses Verbot gelte auch für Arzneimittel, die an Krankenhausapotheken abgegeben werden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, da nach ihrer Auffassung kein Unterlassungsanspruch gegeben sei.
Im Hinblick auf eine Marktbehinderung der kleineren und mittleren Unternehmen war die Beklagte der Auffassung, dass die Marktposition der Beklagten nicht nur in Bezug auf Generika maßgeblich sei, sondern der gesamte Markt der Original- und Generika-Präparate müsse berücksichtigt werden. Hier verfüge die Beklagte nicht über eine starke Marktstellung. Ferner wisse der Patient häufig nicht, welches Präparat im Krankenhaus verordnet werde, da die Verschreibung innerhalb des Krankenhauses in der Regel nur über den Wirkstoff erfolge. Der weiterbehandelnde Arzt sei auch nicht an eine vorherige Verschreibung gebunden.
Eine allgemeine Marktbehinderung sei daher auch nicht vorhanden.
Bezüglich des § 7 HWG war die Beklagte der Ansicht, dass das Verbot von Naturalrabatten nur für öffentliche Apotheken gelte. Im Übrigen sei ein Naturalrabatt nur dann gegeben, wenn das Präparat kostenlos abgegeben werde. Dies sei nicht der Fall.
Das Landgericht München hat den Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte für gegeben erachtet, nämlich auf der Grundlage des § 4 Nr. 11, §§ 3, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 7 HWG, siehe Landgericht München, Beschluss vom 18.01.2008, Az. 33 O 11741/06. Das Landgericht war der Auffassung, dass das Verbot von Naturalrabatten auch für den Krankenhausbereich gelte. Die Rabatte der Beklagten seien einem Naturalrabatt gleichzusetzen.
Das Oberlandesgericht München hat daraufhin das Urteil des Landgerichts aufgrund einer Formalität aufgehoben, siehe OLG München, Beschluss vom 13.03.2008, Az. 29 W 803/08. Begründung: Die Fassung des HWG, auf die das Gericht seine Entscheidung gestützt hat, war nicht auf die konkrete Rechtsverletzung anwendbar. Das Angebot der Beklagten, das der Abmahnung und Klage zu Grunde lag, wurde vor Inkrafttretens des HWG vom 01.05.2006 an die Krankenhausapotheke geschickt.
Ein Anspruch auf Unterlassung aufgrund einer Behinderung kleinerer und mittlerer Mitbewerbung sei ebenfalls nicht gegeben. Im Hinblick auf die allgemeine Marktbehinderung wollte sich das Gericht nicht festlegen und hat somit die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.