Bedeutung
Die Aufrechnung spielt im Rahmen der Erfüllung eines Vertrags eine Rolle. Durch die Erklärung der Aufrechnung kann der Schuldner eine Forderung tilgen. Soweit der Schuldner Geld schuldet, kann er mit einer Gegenforderung, die auch eine Geldforderung sein muss, die Aufrechnung erklären. Da eine Vielzahl von Forderungen aus Geldforderungen bestehen, ist die Aufrechnung bei fast allen Verträgen relevant. Ist die Aufrechnung vertraglich wirksam ausgeschlossen, kann der Schuldner gezwungen sein, seine Forderung einzuklagen, obgleich sich beide Parteien Geld schulden.
Begriff
Durch die wirksame Erklärung der Aufrechnung kann der Schuldner eine Hauptforderung tilgen. Die Aufrechnung ist möglich, wenn sich gegenseitige, gleichartige und fällige Forderungen gegenüber stehen. Die Gleichartigkeit ist insbesondere gegeben, wenn sich Geldforderungen gegenüberstehen. Gegenseitigkeit bedeutet, dass die Gegenforderung des Gläubigers der Hauptforderung des Schuldners gegenüber stehen muss. Im Übrigen muss die Gegenforderung wirksam und fällig sein. Das heißt, dass Einreden gegen die Gegenforderung nicht vorliegen dürfen. Dies gilt nicht für die Einrede der Verjährung, soweit bei Eintritt der Aufrechnungslage die Gegenforderung noch nicht verjährt war.
Die Aufrechnung kann allerdings gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen sein.
Aufrechnungsverbote
Die gesetzlichen Aufrechnungsverbote sind in §§ 390, 393, 394 BGB geregelt. Danach sind die Aufrechnungen mit einredebehafteten Forderungen, Forderungen aus einer unerlaubten Handlung und unpfändbare Forderungen ausgeschlossen.
Allerdings ist hier zu beachten, dass die Berufung auf ein gesetzliches Aufrechnungsverbot, insbesondere auf eine Forderung aus einer unerlaubten Handlung, nach § 242 BGB treuwidrig sein kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn das Vorliegen einer unerlaubten Handlung durch eine Beweisaufnahme, die einen erheblichen Zeitrahmen in Anspruch nehmen würde, dargelegt werden müsste. Allerdings muss bedacht werden, dass § 242 BGB nur selten greifen wird.
Der Aufrechnungsausschluss ist auch häufig in Verträgen und AGB zu finden, jedoch ist er oft nicht wirksam. Denn nach § 309 Nr. 3 BGB ist ein Aufrechnungsverbot mit einer Forderung, die unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist, unwirksam. Dieser Tatbestand wurde allerdings durch die Literatur und die Rechtsprechung erweitert, so dass entscheidungsreife Forderungen ebenfalls aufrechnungsfähig sind. Ein Ausschluss der Aufrechnung kann somit nicht durch eine entsprechende Klausel in den AGB erfolgen.
Im Rahmen der AGB-Klausel Überprüfung eines Aufrechnungsverbotes darf allerdings § 309 Nr. 2 BGB nicht außer Acht gelassen werden. Diese Regelung befasst sich mit dem Leistungsverweigerungsrecht des Vertragspartners. Kurz zusammengefasst gilt das Leistungsverweigerungsrecht bei ungleichartigen Haupt- und Gegenforderungen, während die Aufrechnung bei gleichartigen – meist auf Geld gerichtete – Haupt- und Gegenforderungen anwendbar ist. Nach § 309 Nr. 2 BGB darf das Leistungsverweigerungsrecht nicht ausgeschlossen werden, soweit es sich um Forderungen aus demselben Rechtsverhältnis handelt. Hier soll insbesondere verhindert werden, dass die Gewährleistungsrechte des Vertragspartners faktisch durch Ausschluss des Leistungsverweigerungsrechts ausgehebelt werden. Nach der herrschenden Meinung kann nichts anderes für das Aufrechnungsverbot gelten, soweit sich Forderungen aus demselben Rechtsverhältnis gegenüber stehen. Fazit: Bei Schadenersatzansprüchen, die auf einer mangelhaften Kauf- oder Werklieferung beruhen, gilt ein Aufrechnungsverbot nicht, wenn die Haupt- und Gegenforderung aus dem gleichen Rechtsverhältnis stammen.
Das Aufrechnungsverbot muss insoweit auch bei Mietzinsvorauszahlungen beachtet werden.
Im unternehmerischen Bereich ist die eingeschränkte Möglichkeit des Ausschlusses des Aufrechnungsverbotes in den AGB ebenfalls über § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen.
Gerade im unternehmerischen Verkehr sind jedoch nicht nur AGB Klauseln, die die Aufrechnung einschränken, zu finden, sondern auch Klauseln, die das Aufrechnungsrecht erweitern. So sind Unternehmen, die in einem Verbund sind, daran interessiert, dass die Aufrechnung mit Forderungen des gesamten Konzerns möglich sein soll. Nach § 387 BGB ist allerdings eine Grundvoraussetzung, dass mit Forderungen aus gegenseitigen Rechtsverhältnissen aufgerechnet wird. Die klauselmäßige Ermöglichung der Konzernaufrechnung widerspricht allerdings diesem Grundgedanken und scheitert somit an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass Konzernverrechnungsklauseln im Rahmen von Insolvenzverfahren und gegenüber Drittgläubigern sehr problematisch sein können und somit grundsätzlich unwirksam sind.
AGB enthalten auch regelmäßig Klauseln, die kein ausdrückliches Aufrechnungsverbot sondern vielmehr Handels- und Barzahlungsklauseln enthalten. Dabei handelt es sich in der Regel um Preisnebenabreden und Preisvereinbarungen. Preisnebenabreden werden an § 307 Abs. 1 BGB gemessen, während Preisvereinbarungen nur der richterlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB entsprechen müssen. Die Klauseln sind häufig im unternehmerischen Verkehr wirksam:
Etwaige Vorleistungsklauseln können unwirksam sein. Wir verweisen diesbezüglich auf unsere Ausführungen unter dem Stichwort „Vorleistungsklausel“.
Bei Kassa-Klauseln handelt es sich um eine Barzahlungsabrede. Dabei wird der Käufer vom Verkäufer verpflichtet, den Kaufpreis für die Ware zu zahlen, wenn ihm die ordnungsgemäßen Papiere übergeben werden, ohne dass ihm das Recht zusteht, die Ware vorab zu überprüfen. Rechtsmängel können daher immer nur anschließend geltend gemacht werden. Solche Vereinbarungen sind häufig als Handelsbrauch zu sehen und sind daher selten als unangemessene Benachteiligung des Käufers anzusehen.
Es können auch einfache Kassa-Klauseln vereinbart werden, die keinen Dokumentaren Zusatz enthalten. Hier hat der Käufer grundsätzlich das Recht, die Ware vor der Zahlung zu untersuchen. Diese Klauseln verstoßen nicht gegen die AGB-Regeln.
Soweit die AGB einen Passus enthalten, wonach der Käufer verpflichtet ist, nach Erhalt der Ware und der Rechnung den Kaufpreis kurzfristig zu zahlen, liegt hier ebenfalls keine unwirksame Klausel vor. Es kann argumentiert werden, dass keine Vorleistungspflicht des Käufers besteht, denn er hat ja die Möglichkeit die Ware zu überprüfen.
Eine weitere Besonderheit besteht im Rahmen des Insolvenzrechts. Wenn der Aufrechnungsgegner zahlungsunfähig wird, dann muss derjenige, der die Aufrechnung erklären möchte, diese Aufrechnungsmöglichkeit haben, da er ansonsten praktisch auf seine Forderungen verzichten würde.
Die Rechtsfolgen: Wenn das Aufrechnungsverbot nicht wirksam vereinbart wurde, gelten die §§ 387 ff. BGB. Zwar kann eine Auslegung der Bedeutung der jeweiligen Klausel vorab erforderlich sein. Ist die Klausel jedoch nicht mit §§ 309 Nr. 3 oder 307 Abs. 1 BGB konform, dann gelten automatisch die gesetzlichen Regelungen. Soweit die Klausel teilbar ist, muss jeder teilbare Bestandteil individuell überprüft werden. Bei Klauseln die gleichzeitig die Aufrechnung und die Leistungsverweigerung behandeln, wird von einer Untrennbarkeit auszugehen sein, wenn eine konnexe Forderung betroffen ist. Im Übrigen ist der AGB-Verwender grundsätzlich nicht verpflichtet, die sonstigen Tatbestände, die die Unwirksamkeit des Aufrechnungsverbotes begründen, in den AGB zu erläutern, auch wenn es gegenüber dem Verbraucher sinnvoll wäre.