Verbraucher sollen über gesundheitsfördernde Eigenschaften von Lebensmitteln nicht getäuscht werden. Deswegen hat die EU in der sogenannten „Health Claims“-Verordnung festgelegt, dass solche Angaben nur unter bestimmten engen Voraussetzungen zulässig sind – insbesondere müssen sie nachweislich korrekt sein und dürfen auch nur entsprechend einer Liste vorformulierter Angaben benutzt werden. Gänzlich unzulässig sind gesundheitsfördernde Angaben auf höherprozentigen alkoholischen Getränken. Eine Zuwiderhandlung löst auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus. In einem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Bezeichnung „Energy + Vodka“ für ein alkoholhaltiges Mischgetränk (BGH, Urteil vom 09.10.2014 – I ZR 167/12).
Die Beklagte vertrieb ein Wodka-Mixgetränk unter der Bezeichnung „THREE SIXTY ENERGY + VODKA“. Hiergegen wandte sich ein Verband unter anderem deswegen, weil der Begriff als gesundheitsbezogene Angabe zu verstehen sei. Denn er löse die Vorstellung aus, das Getränk wirke im positiven Sinne belebend und anregend. Angesichts des Gesamtalkoholgehalts von 10% sei dies eine unzulässige Angabe im Sinne der „Health Claims“-Verordnung. (HCVO)
Mit der Klage scheiterte der Verband zwar in erster Instanz, obsiegte allerdings in der Berufung. Der BGH schließlich stellte das erstinstanzliche Urteil wieder her. Der BGH nutzte die Entscheidung zu einer grundlegenden Definition des Begriffs der „Angabe“ i.S.d. HCVO.
Der Begriff ist in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO definiert als „besondere Eigenschaft“ eines Produkts. Ausgehend von diesem Begriff entschied der BGH, dass als „besondere Eigenschaft“ nicht gelten könne, was ganz allgemein die Eigenschaften einer ganzen Gruppe von Produkten beschreibe. Auf den konkreten Fall bezogen heißt das: Die Bezeichnung „Energy“ wird von den angesprochenen Verbraucher lediglich als Hinweis auf das in dem Mixgetränk enthaltene stark koffeinhaltige Erfrischungsgetränk verstanden, nämlich einem Energydrink. Ebenso verstehe der Verkehr dann auch die Eigenschaftszuschreibung „belebend, anregend“. Damit aber fehle die Inanspruchnahme einer „besonderen Eigenschaft“ für das bezeichnete Produkt. Es liege also bei der Bezeichnung „THREE SIXTY ENERGY + VODKA“ überhaupt keine „Angabe“ vor. Damit wiederum sei die HCVO überhaupt nicht anwendbar und die darauf gegründete Unterlassungsklage unbegründet.
Die Entscheidung des BGH verdient Zuspruch. Denn bei einer anderen Auslegung hätte der Anwendungsbereich der HCVO schnell uferlos werden können. Die – grundsätzlich begrüßenswerten – Zielsetzungen der Verordnung, nämlich Verbraucher bei der Produktauswahl vor unseriösen Bezeichnungen und Angaben zu schützen, wäre damit weit über ihr Ziel hinausgeschossen.