Viele Online-Händler geben aus Kulanz oder zum Zwecke der Kundenbindung Einkaufsgutscheine aus. Was aber passiert mit diesen Einkaufsgutscheinen, wenn der Kunde von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht und einzelne der bestellten Waren wieder zurücksendet? Diese Frage hat das LG München I nun zugunsten der Besteller entschieden (LG München I, Urteil vom 14.08.2014 – 17 HK O 3598/14).
Der zugrundeliegende Fall ist ebenso alltäglich wie kompliziert zu beschreiben: Ein Online-Händler gab Einkaufsgutscheine an seine Kunden aus. Diese konnten bei einem Einkauf über die Webseite auf den Kaufpreis angerechnet werden. Ein Besteller kaufte mehrere Waren ein und gab dabei Gutschein-Codes an. Einen Teil der bestellten Ware sandte er dann später wieder zurück und verlangte Rückerstattung des Kaufpreises. Der Online-Händler erstattete jedoch nur einen Teil der Ware zurück, weil er den Wert des Gutscheins auf die zurückgesandten Waren anrechnete. Im Ergebnis hatte der Kunde also seinen Gutschein für die Waren „eingelöst“, die er wieder zurücksandte. Die behaltenen Waren sollte er – ohne Anrechnung eines Gutscheins – zum normalen Preis gekauft haben.
Hiergegen wandte sich die Klägerin des Verfahrens und erhielt vom LG München I auch Recht. Dieses entschied, dass die Bedingungen zur Einlösung von Einkaufsgutscheinen irreführend und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG wettbewerbswidrig und unzulässig seien.
Dabei ist wichtig, dass die Entscheidung sich nicht auf Einkaufsgutscheine bezog, die zum Nennwert gekauft werden. Für diese gelten ohnehin strenge Bestimmungen. In dem konkreten Fall ging es ausschließlich um solche Gutscheine, die aus Kulanz oder als Kundenbindungsmaßnahme freiwillig ausgegeben werden. Bei Gestaltung der Bedingungen sind die Anbieter hier relativ frei (insbesondere hinsichtlich der Laufzeit). Allerdings, und das stellte das Gericht klar, gibt es auch bezüglich dieser Gutscheine Grenzen der vertraglichen Gestaltungsfreiheit.
Diese seien überschritten, wenn – wie hier – bei Rücksendung eines Teils der Waren, der Wert des Gutscheins auf diese Waren angerechnet und nur ein Teil zurückerstattet würde. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Wert der behaltenen Waren den Wert des Gutscheins erreicht oder sogar übersteigt. Mit anderen Worten: Ein Online-Händler darf nicht frei darüber entscheiden, für welche von mehreren gleichzeitig bestellten Waren der Gutschein eingelöst werden sollte. Denn auf diese Weise kann er zum eigenen Vorteil die Höhe der Erstattung reduzieren.
Die Entscheidung ist korrekt, denn die hier streitige Praxis höhlt letztlich das Widerrufsrecht des Verbrauchers aus. Dieses sieht eben gerade vor, dass bei Ausübung des Widerrufsrechts der Kaufpreis erstattet werden muss. Der Käufer muss dabei so gestellt werden, als hätte er die betreffenden Waren nie bestellt. Wenn der Wert der behaltenen Waren den eines beim Kauf eingelösten Gutscheins erreicht oder übersteigt, ist es danach nur recht und billig, dass der Gutschein ausschließlich auf diese Waren angerechnet wird. Nichts anderes hätte je gegolten, wenn der Kunde schon bei der ursprünglichen Bestellung nur diese Waren bestellt hätte.