Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen unterliegt besonders strengen Voraussetzungen. Denn der Gesetzgeber will eine Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit junger Menschen verhindern. Spezielle Werbeaktionen, die diese Zielgruppe ansprechen sollen, sind daher stets sorgfältig zu prüfen. Ein paar interessante Maßstäbe hat der BGH aufgestellt (BGH, Urteil vom 03.04.2014 – I ZR 96/13).
Darum ging’s: Eine Kette von Elektronik-Fachmärkten hatte eine zweitägige sog. Zeugnisaktion ins Leben gerufen. Für jede „Eins“ auf dem Sommerzeugnis sollten Schüler einen Preisnachlass von zwei Euro auf das gesamte Sortiment erhalten. Die Aktion dauerte zwei Tage. Hierin sah ein Verbraucherschutzverband eine unzulässige Werbung und begehrte Unterlassung.
Wie bereits die Vorinstanzen lehnte auch der BGH die Klage ab. In der Aktion liege keine wettbewerbswidrige Verhaltensweise. In der Begründung stellt das Gericht zu verschiedenen zunächst denkbaren Verbotstatbeständen des UWG bedeutsame Grundsätze heraus.
1. Die Aktion unterfalle nicht dem generellen Verbot des § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 28 des Anhangs. Denn sie stelle keine unmittelbare Aufforderung zum Erwerb einer Ware gegenüber Kindern unter 14 Jahren dar. Hierfür, so der BGH, sei es nämlich erforderlich, dass sich die Werbung auf eine konkretes Produkt oder eine konkret begrenzte Anzahl von Produkten beziehe. Wenn – wie im Fall des Elektronik-Fachmarkts – für eine große Zahl von Produkten gleichzeitig mit Preisnachlässen geworben würde, liege hierin noch keine unmittelbare Kaufaufforderung.
Was klar klingt, kann in anderen Konstellationen bereits wieder problematisch werden. Mag es auch richtig sein, dass ein Elektronik-Fachmarkt ein sehr großes Warensortiment hat, von dem sich auch Kindern in unterschiedlicher Weise angesprochen fühlen, ist in Spezialgeschäften fraglich, ob die Bewerbung des gesamten Sortiments zu demselben Ergebnis führen würde. Man denke insoweit an ein Geschäft für Videospiele oder Fantasy-Kartenspiele.
2. Die kurze Dauer von zwei Tagen und die Höhe des Preisnachlasses von zwei Euro für jeden „Einser“ seien auch nicht geeignet, eine unangemessen unter Druck zu setzen, § 4 Nr. 1 UWG. Selbst wenn man den Preisnachlass von zwei Euro angesichts des geringen Taschengeldes vieler Kinder als nicht unerheblich ansehen könne, so sei die Gesamtsumme auch bei mehreren „Einsern“ auf dem Zeugnis nicht so erheblich, als dass daraus eine unsachliche Beeinflussung resultiere. Auch würden Stolz und Ehrgeiz der Schüler nicht in unsachgemäßer Art und Weise ausgenutzt.
3. Schließlich würde auch die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen nicht ausgenutzt, § 4 Nr. 2 UWG. Die Aktion und die ausgelobten Preisnachlässe seien auch für Kinder und Jugendliche ohne weiteres überschaubar. Sie würden daher nicht im Unklaren darüber gelassen, welche Bedingungen für den Preisnachlass erfüllt werden müssten.
Die letzten beiden Punkte der Überlegungen überzeugen, auch wenn nicht ganz sicher ist, ob das Abstellen des BGH auf die Rationalität der Kaufentscheidung im Einklang mit europäischem Recht steht (das nämlich liegt § 4 Nr. 1 und Nr. 2 UWG zugrunde).
Nichtsdestotrotz bleiben im Zusammenhang mit der Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen nach wie vor Rechtsunsicherheiten. Deswegen sollten derlei Aktionen vorab sorgfältig geprüft werden, um teure Rechtsstreitigkeiten im Nachhinein möglichst zu vermeiden.