Markenrecht: Einzelhandel mit Dienstleistungen (One-Stop-Shop)

Die Veränderungen der Einzelhandelspraxis sind nunmehr auch markenrechtlich abgesichert. So stellte der EuGH heraus, dass Einzelhandelsunternehmen, die u.a. Dienstleistungen Dritter zusammenstellen und ihren Kunden anbieten, für diese Leistung Markenschutz erreichen können (Urteil vom 10.07.2014 – C-420/13). Einzelfragen werden allerdings erst in den kommenden Jahren durch die Entscheidungspraxis der jeweiligen Markenämter beantwortet werden können.

Darum ging’s: Der Discounter Netto beantragte die Eintragung einer Wort-/Bildmarke u.a. für einige Dienstleistungen in der Klasse 35, darunter „Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels, insbesondere die Zusammenstellung verschiedener Dienstleistungen, um den Verbrauchern den Erwerb dieser Dienstleistungen zu erleichtern […].

Dieses auch als One-Stop-Shopping bekannte Prinzip, gebündelte Dienstleistungen Dritter ins Sortiment aufzunehmen, taucht seit einigen Jahren vermehrt im Einzelhandel auf. „Klassiker“ sind beispielsweise Reisepakete, die vom Einzelhandelsunternehmen gemeinsam mit Kooperationspartnern aus der Reisebranche angeboten werden. Grundsätzlich sieht der EuGH insoweit – wie schon das DPMA und das BPatG zuvor – kein Problem, hierfür Markenschutz zu erlangen.

Fraglich war lediglich, wie die zusammengestellten Dienstleistungen zu bezeichnen sind. Denn die Netto-Anmeldung ging in etwa wie folgt weiter: „[Leistungsbeschreibung wie oben], hinsichtlich der folgenden Dienstleistungen: aus Klasse 35: Werbung, […]; aus Klasse 36: Ausgabe von Gutscheinen […]; aus Klasse 39: Veranstaltung von Reisen; aus Klasse 41: Unterhaltung; […].“

Diese Beschreibung der Dienstleistungen hielt das DPMA für zu wenig bestimmt. Es sei nicht erkennbar, für welche Leistungen konkret ein Markenschutz begehrt werde. Das BPatG war sich in dieser Frage angesichts der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung nicht sicher und legte die Frage deshalb dem höchsten europäischen Gericht zur Vorabentscheidung vor.

Der EuGH kommt nun seinerseits zu einem salomonischen Urteil: Entscheidend sei tatsächlich, dass die Dienstleistungen hinreichend konkret bezeichnet würden. Ob hierfür bereits die Klassen-Oberbegriffe wie Werbung, Veranstaltung von Reisen etc ausreichend seien, sei eine Entscheidung des Einzelfalls. Die Markenämter müssten entscheiden, ob sich aus der Anmeldung klar und deutlich ergebe, auf welche unter dem jeweiligen Oberbegriff aufgelisteten Waren und Dienstleistungen sich die Anmeldung beziehe.

Für die Praxis mag hier eine Erklärung der europäischen Markenämter aus dem Februar 2014 eine erste Hilfestellung geben. Darin erläutern die Behörden, dass und welche Klassen-Oberbegriffe nach ihrer Auffassung nicht hinreichend klar sind und bei einer Markenanmeldung in jedem Falle genauer spezifiziert werden müssen. Die Erklärung soll als eine Selbstbindung die Spruchpraxis der Markenämter europaweit vereinheitlichen. Nicht hinreichend klar ist danach zum Beispiel der Oberbegriff „Installationsarbeiten“ für Dienstleistungen der Klasse 37. Hier sei nicht klar, welches technische Know-how die Installationsarbeiten erforderten. Angesichts der technischen Vielfalt erforderten Installationsarbeiten aber sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, sodass nicht von einem einheitlichen Markt für Installationsarbeiten insgesamt ausgegangen werden könne.

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