Datenschutz: Kündigung wegen Erkenntnissen aus heimlicher Videoüberwachung

Darf ein Arbeitgeber seine Beschäftigten heimlich per Video überwachen, wenn er den Verdacht auf Straftaten hat? Und wie gravierend muss ein solcher Verdacht sein? Mit dieser Frage hatte sich das BAG zu beschäftigten und betonte die Bedeutung der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer (BAG, Urteil vom 21.11.2013 – 2 AZR 797/11).

Zwei Vorschriften aus dem BDSG nahmen die Richter dabei besonders in den Blick: § 6b BDSG regelt die Zulässigkeit der Videoüberwachung öffentlicher Räume. § 32 BDSG legt unter anderem fest, wie sich der Arbeitgeber bei dem Verdacht auf Straftaten Informationen über die Beschäftigten beschaffen darf. Zwar nimmt das Gericht keine saubere Abgrenzung zwischen beiden Vorschriften vor, sondern trifft nur allgemeine Aussagen. Die Entscheidung enthält trotzdem wichtige Anhaltspunkte für die Zulässigkeit solcher Überwachungsmaßnahmen zur Aufklärung von Straftaten.

Danach ist die heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz nur zulässig und die daraus gewonnenen Ergebnisse nur dann verwertbar, wenn der konkrete (!) Verdacht einer Straftat oder einer anderen schweren Verfehlung zulasten des Arbeitgebers besteht. Außerdem müssen andere, weniger einschneidende Maßnahmen zur Aufklärung ausgeschöpft oder schlicht nicht vorhanden sein. Die heimliche Videoüberwachung muss als das einzige verbleibende Mittel sein, das dem Arbeitgeber zur Aufklärung verbleibt.

Unter diesen Voraussetzungen ist die heimliche Videoüberwachung – zeitlich begrenzt – zulässig. Das BAG meint, dass in einem solchen Fall ein Hinweis auf die Videoüberwachung nicht notwendig sei, um die Rechte des Arbeitgebers zu schützen. Grundsätzlich wird dies in § 6b BDSG nämlich ausdrücklich verlangt.

Im konkreten Fall sah das BAG die Voraussetzungen für eine heimliche Videoüberwachung nach den oben skizzierten Grundsätzen nicht als erfüllt an. Die Kündigung wurde vorerst für unzulässig erklärt und die Verwertung der Videoaufnahmen im Prozess untersagt (zum Beweisverwertungsverbot für heimliche erlangte Erkenntnisse vgl auch unseren Blog zu heimlichen Spindkontrollen).

Darum ging’s: Der Betreiber eines Getränkemarkts stellte fest, dass sich erhebliche Differenzen zwischen den abgerechneten und den tatsächlichen Pfandbeständen im Markt ergaben. Er hatte daher den Verdacht, dass Mitarbeiter an der Leergutannahme „falsche“ Bons druckten und Geld aus der Kasse entnahmen. Deswegen richtete er eine heimliche Videoüberwachung des Kassenbereichs ein.

Aus dem Bildmaterial ergaben sich für diesen Verdacht zwar keine Erkenntnisse. Dafür stellte man aber fest, dass die später fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigte Mitarbeiterin an drei Tagen jeweils Geldbeträge aus einer sog. Klüngelkasse entnahm. In dieser Kasse wurde liegen gebliebenes Wechselgeld gesammelt. Die Entnahme von Geld aus dieser Kasse war den Mitarbeitern untersagt. Auf den Videos war weiter zu erkennen, dass sich die Mitarbeiterin nach allen Seiten umsah, bevor sie das Geld in ihre Hosentasche steckte. Sie verteidigte sich später damit, das Geld nur entnommen zu haben, um einen Einkaufswagen auszulösen. Das sei allgemein üblich im Markt, was der Arbeitgeber wiederum bestritt.

Die Videoüberwachung, so das BAG, sei deshalb unzulässig gewesen, weil der Arbeitgeber zuvor andere Möglichkeiten der Aufklärung hätte ausschließen müssen. Zum einen sei nicht hinreichend dargelegt worden, dass die Fehlbeträge zwingend im Kassenbereich zustande gekommen seien. Zum anderen hätte man durch stichprobenartige Kassenprüfungen und Taschenkontrollen der Mitarbeiter versuchen müssen, die Fälle aufzuklären (vgl. unseren Blog zur Zulässigkeit von Taschenkontrollen).

Die heimliche Videoüberwachung stelle sich nach alledem als unverhältnismäßig und damit unzulässig dar. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse dürften prozessual nicht verwertet werden.

Noch etwas führt das BAG klarstellend aus: Wäre die Videoüberwachung hingegen zulässig gewesen, hätte der Zufallsfund grundsätzlich zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden dürfen. Eigentlich war die Überwachung ja wegen der Fehlbeträge und vermeintlich falscher Pfandbons eingerichtet worden. Um unzulässige Entnahmen aus der Klüngelkasse ging es dabei nicht.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass der Beschäftigtendatenschutz auch im Rahmen der Aufklärung möglicher Straftaten im Betrieb hoch zu halten ist. Um die Wirksamkeit einer Kündigung nicht zu gefährden, sollten Arbeitgeber hier besonders vorsichtig sein und die Vorgaben des Datenschutzrechts sorgfältig einhalten.

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