In dem fünften Teil geht es um die Frage, wie Verträge für Projekte eigentlich aussehen sollten. Juristische Modelle, die gegeneinnader antreten, sind Kauf-, Werk-, Dienst- und Gesellschaftsverträge. Der Vergleich zwischen diesen Vertragsarten muß sich erstmal mit dem Anforderungsprofil der Parteien auseinandersetzen.
1.) Anzusetzen ist immer an dem Befund, daß Projektverträge Verträge sind, bei denen der Leistungsumfang zum Zeitpunkt des Abschluß des Vertrags nicht abschließend definiert ist.
a.) Genau aus diesem Grund ist das Kaufvertragsrecht keine gute Wahl. Ein Kaufvertrag wird über eine Sache geschlossen, die schon zum Zeitpunkt des Abschluß des Kaufvertrags existiert oder nicht existiert aber anhand einer abschließenden Leistungsbeschreibung so bestimmbar ist, daß keine Nachplanung erfolgen muß. Zudem geht es im Kaufrecht nicht um die Herstellung eines Werkes, dessen Realisierung unter Umständen zu Teilen von der Mitwirkung des Bestellers abhängt. Ein Auto kann ohne Mitwirkung des Käufers bestellt und gebaut werden. Software kann aber – wenn es sich nicht um fertiggestellte Software handelt – nur dann entsprechend erstellt werden, wenn das Fachliche Anforderungsprofil lückenlos erstellt wurde, bevor mit der Realisierung begonnen wird. Das wird nur in Ausnahmefällen der Fall sein.
b.) Dienstvertragsrecht wäre eigentlich perfekt geeignet, die Anforderungen des Projektgeschäfts abzubilden. Jeden Tag kann man die Planung verbessern, weil das Dienstvertragsrecht ja nur besagt, daß man „state of the art“ Arbeit zu liefern hätte. Das Dienstvertragsrecht sagt genau nicht, daß ein bestimmter Erfolg zu realisieren ist. Genau deshalb muß die Planung nicht ständig nachgeführt werden, es kann schlicht gearbeitet werden und die Software kann im Dienstvertragsrecht evolutionär verbessert werden. Aber der Kunde zahlt eben Geld für Arbeit, während er im Rahmen des Werkvertragsrechts Geld für Erfolg zahlt. Das Dienstvertragsrecht ist bei Kunden deshalb unbeliebt, weil sie im Werkvertragsrecht eine Erfolgskontrolle haben. Die Vergütung ist im Werkvertragsrecht erfolgsabhängig, im Dienstvertragsrecht nicht. Insofern ist man als IT-Unternehmen glücklich, wenn man Dienstverträge abschließen kann. Für den Kunden sind Dienstverträge nur dann das Mittel der Wahl, wenn man tiefes Vertrauen in die Fähigkeiten der IT hat.
Aber ganz klar: Für bestimmte Fallgestaltungen ist das Dienstvertragsrecht das erste Mittel der Wahl. Wann es zum Einsatz kommen kann, richtet sich erstens danach, ob der Kunde mit der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung einverstanden erklärt und zweitens danach, welche Projektmethodik zum Einsatz kommt.
c.) Gesellschaftsrecht. Hier gilt das über das Dienstvertragsrecht Gesagte. Mal abgesehen von steuerrechtlichen und haftungsrechtlichen Fragen (die Haftung des Gesellschafters gegenüber dem Mitgesellschafter ist grundsätzlich weniger scharf als die Dienstvertragsrecht) haftet auch hier kein Gesellschafter dem anderen gegenüber für das Nicht erreichen eines Erfolges.
d.) Werkvertragsrecht: Das schöne am Werkvertragsrecht ist es, für die Bedürfnisse der Parteien bei der Erstellung einer Sache konzipiert zu sein. Die Unterscheidungen zum Kaufrecht ergeben sich nicht nur aus dem Thema der Mitwirkungspflichten. Auch die Überprüfung der Vertragsgemäßheit der Software gestaltet sich anders. Beim Kauf erfolgt diese gegen Kataloge oder fertige Leistungsbeschreibungen, beim Werkvertrag ist eine Abnahme durchzuführen, die eben nur gegen das Pflichtenheft (also das fachliche Anforderungsprofil) vorgenommen wird. Für den Kunden schön: Es gibt Mängelgewährleistungsansprüche, wenn das versprochene Werk nicht abgeliefert wird. Aber: Wie das Kaufrecht setzt das Werkvertragsrecht voraus, daß der Sollzustand der Software zumindest konkretisierbar ist. Wenn das nicht der Fall ist, scheidet das Werkvertragsrecht so wie es das BGB kennt, wieder aus. Damit das IT-Unternehmen weiß, was es zu tun hat, muß der Kunde wissen, welche Eigenschaften und Funktionen die Software aufweisen soll. Und genau dieser letzte Punkt ist es, der aufgrund der Komplexität der Materie vom Kunden häufig sträflich unbeachtet bleibt.
Das Werkvertragsrecht ist eigentlich gut geeignet, die Anforderungen des Projektgeschäfts abzubilden. Was fehlt, sind Methodiken, die dazu dienen den vertraglich geschuldeten Sollzustand auch nach dem Vertragsabschluß nachzuplannen. Diese Schwäche kann beseitigt werden, wenn entsprechende Regelungen in dem Vertrag aufgenommen werden.
2.) Im sechsten Blog geht es um die Vorstellung agiler Projektmethodiken und ihre Zuordnung zu juristischen Modellen, im siebten Blog um „herkömmliche Modelle“. Und im Achten geben wir vier Modelle vor, wie Projektverträge gestaltet werden könnten.