Urheberrecht: Missbräuchliche Abmahnung hindert Klage des Urhebers nicht

Der BGH hat Urhebern weitgehende Freiheiten für die Geltendmachung ihrer Rechte eingeräumt (Versäumnisurteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 106/10). Insbesondere stellten die Richter klar, dass selbst eine missbräuchlich ausgesprochene Abmahnung nicht zum Erlöschen des Unterlassungsanspruchs aus § 97 I UrhG und damit zur Unzulässigkeit einer nachfolgenden Klage führt. Einer entsprechenden Anwendung einer Vorschrift aus dem Wettbewerbsrecht erteilte der 1. Senat des BGH damit eine Absage.

Im konkreten Fall hatte ein Fotograf Bilder einer Ferienwohnung gemacht. Diese hatten auf einer Buchungswebsite zur Illustration des Domizils gedient. Später waren die Bilder auf weiteren Internetseiten ebenfalls zu Werbezwecken für das Appartement genutzt worden. Der Fotograf mahnte die anbietenden Gesellschaften ebenso ab wie deren Geschäftsführer und verlangte später gerichtlich sowohl die Unterlassung der Urheberrechtsverletzung bezüglich der Bilder als auch den Ersatz der entstandenen Abmahnkosten.

In erster Instanz bekam der Kläger Recht; das Berufungsgericht wies die Klage jedoch insgesamt mit der Begründung ab, die Abmahnungen seien rechtsmissbräuchlich gewesen, weil sie vorrangig dazu gedient hätten, die Empfänger mit Kosten zu belasten. Zur Begründung zog das OLG Hamm in seiner Entscheidung § 8 IV UWG heran, der im Wettbewerbsrecht die Zulässigkeit einer Klage auch davon abhängig macht, ob vorangegangene Abmahnungen rechtsmissbräuchlich waren.

Dieser Argumentation schloss sich der BGH nicht an. Wettbewerbsrecht und Urheberrecht verfolgten unterschiedliche Ziele und seien nicht ohne Weiteres vergleichbar. Diene das Wettbewerbsrecht vor allem auch dem Schutz der Allgemeinheit vor wettbewerbswidrigem Verhalten einzelner Marktteilnehmer, schütze das Urheberrecht allein die Rechte des Werkschöpfers. Damit drohe aber nicht, wie potentiell im Bereich des Wettbewerbsrechts, die gleichzeitige Inanspruchnahme durch mehrere Anspruchsteller.

Im Übrigen stellte der BGH klar, dass an die Annahme einer Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnung hohe Anforderungen zu stellen seien. Nicht ausreichend sei zum Beispiel die getrennte Abmahnung einer Gesellschaft und ihrer Geschäftsführer, ebenso wenig wie eine Übersetzung der Streitwerte im Rahmen der Abmahnung. Letztere könne im Wege der Teilabweisung einer auf Kostenersatz gerichteten Klage korrigiert werden. Für eine Unzulässigkeit der Klage bestehe insofern also kein Bedürfnis.

Für die Praxis heißt dies, dass das Instrument der Abmahnung im Urheberrecht gestärkt wird. Für Urheber bietet sich so weiterhin eine relativ kostengünstige und leichte Möglichkeit, ihre Rechte durchzusetzen.

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