Ich habe bereits dargelegt, daß der Jurist mit dem, was der Laie unter dem Begriff der „Haftung“ versteht den Schadensersatz meint. In vielen Verträgen wird das Thema Aufwendungsersatz komplett vergessen. Dabei kann gerade im Bereich Maschinen und Anlagebau oder im Projektgeschäft der Aufwendungsersatz mehr Geld kosten als der Schadensersatz. Das Gesetz besagt, daß der Käufer oder Besteller anstelle des Schadensersatzes einen Anspruch auf Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen geltend machen kann (§$ 437 Nr.3, 634 Nr.4, 284 BGB).
Der Schadensersatz wird definiert als Kompensation für einen erlittenen unfreiwilligen Verlust an einem geschützten Rechtsgut. Ein Schadensersatz stellt kein freiwilliges Vermögenopfer dar. Die Aufwendung ist eine freiwillige Vermögenseinbuße (Unberath in Bamberger/Roth, Rn.11 zu § 284 BGB). Schäden erleidet man gegen seinen Willen, Aufwendungen tätigt man mit seinem Willen. Damit meint das Gesetz nicht, daß man aus freien Stücken zahlt (vgl. Krüger in MüKo Rn.3 zu § 256 BGB). Auch dann, wenn man aus einer Rechtspflicht heraus verpflichtet ist, zu zahlen, liegt eine Freiwilligkeit im Akt der Bezahlung. Diese spitzfindinge Unterscheidung hat mich während meines Studiums nicht überzeugt und tut es heute immer noch nicht.
Beispiel: Falls ein Kunde bei einem Anbieter eine Maschine kauft und im Hinblick darauf neue Leitungen und Rohre verlegen lässt, ist dies ein freiwilliges Vermögensopfer. Funktioniert die Maschine nicht, werden die Zuleitungen ja nicht geschädigt. Aber es liegt eben eine frustrierte Aufwendung vor, wenn sich die Rohre nicht noch anderweitig verwenden lassen. Genau solches kann im Bereich der IT geschehen. Schafft sich der Kunde für viel Geld Software eines Datenbankherstellers an, weil der ITler diese benötigt, um eine bestimmte Software zu erstellen, dann liegt in der Schaffung der Software kein Schaden, wenn der ITler sein Werk nicht fertigstellen kann. Dies ist ein Fall des Aufwendungsersatzes. Genau dies gilt für Montagekosten, Einbau, Ausbau etc.
Der Aufwendungsersatz kann nur anstelle des Schadensersatzes (also als Alternative) gefordert werden. Aber es ist eben mehr als ärgerlich, wenn man sich im Rahmen des Vertragsmanagements viele Gedanken über den Schadensersatz gemacht hat, den Aufwendungsersatz aber unberücksichtigt gelassen hat. Der Aufwendungsersatz wird im Bereich IT nicht solche Summen annehmen, die sich nicht über eine Versicherung abdecken lassen. Aber im Bereich des Anlagebaus kann dieser Anspruch den Schadensersatz übersteigen.