3.4.2 Einschränkungen
3.4.2.1 Kompatibilität
Gerade im Bereich der Kompatibilität der Lizenzen muss man aufpassen. Jede der Lizenzen erlaubt eine Nutzung der Software nur unter Beachtung der eigenen Regelungen. Deshalb entsteht dann, wenn die Komponenten nicht sauber technisch und vertrieblich getrennt werden können immer die Frage, ob eine Lizenz die Bestimmungen der anderen Lizenz nicht konterkariert und deshalb eine bestimmte Verbindung von Software überhaupt nicht möglich ist.
Das gilt insbesondere für den Copy Left.
3.4.2.2 Einschränkung der Verwendung: CopyLeft Lizenzen
Das Thema ist komplex, ich habe dazu gesonderte Blogs geschrieben. Ich gebe die Zusammenfassung hier noch einmal wieder:
Es gibt weder eine einheitliche und verständliche Methode darüber, wann eigentlich ein CopyLeft Effekt vorliegt noch gibt es klare Auslegungsregelungen. Jede Sichtweise beinhaltet pro und contra und die pure Anzahl von Sachverhalten kombiniert mit der wirklich nicht befriedigenden Rechtslage bedingt, dass es viele sachlich sehr relevante Bereiche gibt, in deren Kontext sich nicht sicher sagen lässt, ob nach der GPL2 oder GPL3 ein CopyLeft Effekt vorliegt. Es gibt – das ist im Rahmen der Juristerei häufiger so – einen Verlauf von weiß nach Schwarz und sehr viele Sachverhalte liegen im mittlerem Grau. Insofern gibt es Empfehlungen aufgrund dessen, was in der Literatur und Praxis gesagt wird, aber kaum gesicherten Aussagen.
Bei dem CopyLeft Effekt unterscheidet man den schwachen CopyLeft von dem starken CopyLeft Effekt. Wobei diese Unterscheidung sehr theoretisch und sehr abstrakt ist, in Wahrheit muss man sich immer die jeweiligen Lizenzbestimmungen anschauen, um zu erkennen:
Welche Handlung verursacht den CopyLeft Effekt und was sind die konkreten Folgen des CopyLeft Effekts?
Der schwache CopyLeft Effekt bedeutet, dass im Falle der Weitergabe und/ oder Weiterentwicklung auch die neu entwickelte oder bearbeitete Software unter dem Regime der ursprünglichen Softwarelizenz steht. Beachtet man diesen Effekt nicht, so entfallen nach der einen Lesart für die ursprüngliche Software alle Nutzungsrechte, nach anderer Ansicht sogar auch die Nutzungsrechte für die neu entwickelte Software. Derjenige, der Software entwickelt hat, und diese unter dem Regime einer schwachen CopyLeft Lizenz vertreibt, kann in der Folge von einem Verletzter Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Gewinnabführung geltend machen.
Der starke CopyLeft Effekt bedeutet, dass dann wenn die ursprüngliche Software in einer bestimmten Art und Weise mit der neuen Software verbunden wird, auch die neue Software der Lizenz mit dem starken CopyLeft Effekt unterfällt. Durch eine dauerhafte Verbindung einer Software, die z.B. der GPL3 unterfällt, mit einer bis dahin proprietären Software, wird dann eine Software, die ausnahmslos der GPL3 untersteht.
3.4.2.3 Einschränkung der Verwendung: Ausschluss kommerzieller Nutzung
Ich habe – keine Selbstberühmung, sondern die Erfüllung einer Pflicht – ein Projekt gestoppt, weil die Programmierer übersehen hatten, dass die von ihnen eingesetzte Lizenz keine kommerzielle Verwendung durch den User erlaubt. Man durfte die Software nicht weitervermieten und mit der Vermietung Geld verdienen. Es gibt diese altruistischen Lizenzen. Man muss hier schauen, ob die betroffene Software selbst nur als ein Bestandteil des Systems eingesetzt wird oder den wesentlichen Teil ausmacht. In meinem Fall war es eine App, für deren Nutzung die Enduser zahlen sollten und das war nach den Lizenzbestimmungen verboten.
3.4.2.4 Einschränkung der Verwendung: Gewerbliche Schutzrechte
Bestimmte Lizenzen dürfen nur unter Beachtung von Patenten und Markenrechten verwendet werden.
Exkurs Patentleft
Auch ein Patent gewährt dem Inhaber bestimmte Verbietungsrechte. Frage also: Wenn jemand für eine bestimmte Software ein Patent innehat, was ist dann mit den OS- Lizenzen?
In Europa – anders als insbesondere in den USA und Japan gilt, dass Software nicht Gegenstand eines Patents sein kann, wenn Sie nicht inkorporierter Bestandteil einer technischen Lösung ist, also z.B., wenn Sie der Computer auf einer technischen Ebene dazu bringt, schneller zu rechnen oder Datenbankabfragen zu beschleunigen, etc. Es gibt in Deutschland nur wenig Patente auf Software.
Die EU hat sich durch das europäische Parlament ausdrücklich dazu bekannt, dass Softwareentwicklungen grundsätzlich frei von Patenten sein sollen. Zu teuer, zu langsam und letztlich nur die jetzt schon großen Player bevorzugend, den Mittelstand und die KMU klar benachteiligend.
Da diese Praxis nicht überall auf der Welt galt und gilt, kam es zu der Etablierung von „patentleft- Lizenzen“, die aber wieder im Detail sehr unterschiedlich ausfallen. Im Kern besagten sie, dass eine Lizenz für eine Software nicht durch ein Patent leerlaufen darf. Was durch die Einräumung des urheberrechtlichen Nutzungsrechts erlaubt werde, dürfe nicht im Rückwärtsgang durch das Patent wieder verboten werden. Eine Software, die unter Verwendung z.B. der GPL3 erstellt worden sei, dürfe also nicht durch ein Patent wieder zu einer proprietären Software werden. So sehen dann bestimmte Lizenzen vor, dass jemand, der eine Software unter einer Lizenz X entwickle, auch verpflichtet sei, die Software unter Einräumung eines Patents weiterzugeben. Falls dieser Schritt nicht eingehalten werde, würden wieder alle Nutzungsrechte an der ursprünglichen Software entfallen.
3.4.2.5 Einschränkungen für SaaS
Es gibt bestimmte Lizenztexte, die eine Verwendung im SaaS nicht ermöglichen (Vergleiche die GPL2, GPL3 mit der AGPL).
Ganz abstrakt wird aber auf einer eher theoretischen Ebene die Frage diskutiert, ob mit man mit den normalen Lizenz die Software auch im SaaS benutzen und vertreiben darf. Ich halte die Fragestellung für juristisch interessant, mir ist aber praktisch noch kein Fall begegnet, deshalb habe das Thema in einem gesonderten Blog bearbeitet.