Nach § 87 b UrhG steht einem Datenbankhersteller das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben, zu. Werden nur Teile aus einer Datenbank entnommen, so stellt sich die Frage, ob der Tatbestand dieser Norm tatsächlich erfüllt ist.
Der BGH musste diese Frage im Rahmen einer Revisionsangelegenheit klären.
Im Fall ging es um die Nutzung eines Teils einer Datenbank über Gedichte aus der Zeit zwischen 1720 und 1933. Eine Liste von 1.100 Gedichttiteln wurde dabei erarbeitet und im Internet publiziert. Die aufwendige Arbeit dauerte mehrere Jahre an und hat über Euro 30.000,00 an Kosten verursacht. Die Datenbank wurde von einer Universität organisiert und finanziert.
Die Beklagte in dieser Sache hatte eine eigene Datenbank mit über 1.000 Gedichten zusammengestellt, die überwiegend aus dem gleichen Zeitraum stammen. Bei der Zusammenstellung der Werke aus der Zeit zwischen 1720 und 1900 hat sie sich an der Datenbank der klagenden Universität orientiert. 856 Titel der beiden Datenbanken stimmten überein. Allerdings hat die Beklagte die Liste durchaus überarbeitet und insoweit einige Titel nicht mit aufgenommen und andere Titel wiederum mit aufgenommen. Die Liste der Universität wurde damit kritisch überprüft und eine abweichende Datenbank zum Verkauf auf CD-Rom angeboten.
Das Gericht hat zu klären, ob die Übernahme eines Teils einer Datenbank, die jedoch zur Analyse und eigenen Verwendung für eine „neue“ Datenbank verwendet wird, eine relevante Entnahme im Sinne des § 87 b UrhG ist. Denn eine bloße Übernahme von Teilen der Datenbank lag nicht vor. Dabei musste der Begriff der Entnahme im Lichte der Richtlinie 96/9 der EU ausgelegt werden, da die gesetzliche Regelung im Urhebergesetz auf dieser Richtlinie basiert, die das Recht in der gesamten EU vereinheitlichen sollte.
Insoweit hat der BGH dem EuGH die Frage der Auslegung des Begriffs Entnahme vorgelegt: „Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Begriff „Entnahme“ im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Buchst. A der Richtlinie 96/9 den Vorgang erfasst, bei dem Elemente einer Datenbank nach visueller Abfrage und Auswahl aufgrund persönlicher Abwägung des Urhebers des Vorgangs in eine andere Datenbank übernommen werden, oder ob er den Rückgriff auf einen Vorgang des physischen Kopierens einer Gesamtheit von Elementen voraussetzt“ (EuGH, Urteil vom 09.10.2008, Az. C-304/07, Abs. 24).
Die Entnahme wird in der Richtlinie 96/9 definiert als die ständige oder vorübergehende Übertragung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger, ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme.
Der EuGH hat dabei das Ziel des Datenbankschutzes berücksichtigt, nämlich dass derjenige, der eine erhebliche Investition in eine Datenbank getätigt hat, auch gegen die Nutzung eines wesentlichen Teils der Datenbank geschützt sein muss. Hierfür müsse jede unerlaubte Aneignung erfasst sein.
Maßgeblich ist allerdings nicht, ob die entnommenen Elemente anders angeordnet werden. Auch diese Handlung wird durch die Richtlinie verboten. Insoweit könne nicht nur das klassische „Kopieren“ der Datenbank oder Teile von dem Verbot erfasst werden. Infolgedessen sei die Tatsache, dass die Beklagte Teile der Datenbank der Universität nicht übernommen hat oder neue Gedichte hinzugefügt habe, nicht als Umstand zu bewerten, dass keine unerlaubte Übernahme vorläge. Es belegt lediglich, dass nicht die gesamte Datenbank übernommen wurde.
Weitere Einwände der Beklagten waren für den EuGH ebenfalls nicht ausschlaggebend. Die Beklagte machte nämlich geltend, dass dem Hersteller einer Datenbank allerdings keine Eigentumsrechte an den darin enthaltenen Daten zustünden. Bei einer weiten Auslegung des Begriffs „Entnahme“ sei nämlich die Gefahr gegeben, dass der Hersteller den Zugang zu den enthaltenen Informationen verbieten könne. Das Gericht war jedoch der Ansicht, dass die Informationen weiterhin zugänglich seien, nur die Übertragung der Daten oder Datenteile sei nicht gestattet.
Der EuGH hat deshalb festgestellt, dass die von der Beklagten vorgenommene Entnahme eine unerlaubte Handlung im Sinne der Richtlinie 96/9 sein könne. Die Sache wurde nunmehr an das vorlegende Gericht zurück verwiesen, da nunmehr festgestellt werden muss, ob die Entnahme nach Art und Umfang eine wesentliche Entnahme war.
Urteil des EuGH vom 09.10.2008, Az. C-304/07