Softwarelizenzrecht: Leistungsbeschreibung

Die rechtliche Bedeutung der Leistungsbeschreibung kann nicht unterschätzt werden. Sie definiert den Soll-Zustand, anhand dessen der Kunde überprüfen kann, ob die Leistung so wie vereinbart und fristgerecht erfüllt wurde. Nach der gesetzlichen Systematik liegt ein Mangel immer dann vor, wenn der Soll- nicht dem Ist-Zustand entspricht. Dies ist vorrangig dann der Fall, wenn die Leistung nicht der vertraglichen Vereinbarung entspricht; bei Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung stellt das Gesetz auf die mit dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung ab. Lässt sich auch die mit dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung  – oder einfacherer formuliert der Vertragszweck –  nicht aus dem Vertrag ableiten, so stellt das Gesetz auch die gewöhnliche Verwendung des Vertrags ab. In den Normen des Gesetzes ergibt sich dies aus dem § 633 Abs. 2, Satz 1 für das Werkvertragsrecht, aus dem § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB für das Kaufrecht und für das Mietrecht aus dem § 535 Abs. 1 BGB hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit, aus dem § 633 Abs. 2 für das Werkvertragsrecht, § 334 Abs. 1 Satz  2 Nr. 1 BGB für das Kaufrecht und hinsichtlich der gewöhnlichen Verwendung für das Werkvertragsrecht aus § 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und für den Kaufvertrag aus § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Im Mietvertragsrecht wird auf den üblichen Gebrauch abgestellt. Das bedeutet für die Praxis: Fehlen konkrete vertragliche Vereinbarungen, so schuldet der Anbieter nur Standardausführungen, Standardkomponenten oder Dienstleistungen oder wie das Gesetz es ausdrückt Leistung mittlerer Art und Güte. Die wenigsten Kunden werden damit einverstanden und glücklich sein.

Dabei ist es egal, wie die Leistungsbeschreibung genannt wird. Protokoll, Lastenheft, Pflichtenheft etc. Für den Juristen ist nur entscheidend nachzuweisen, daß sich die Parteien auf einen bestimmten Sollzustand geeinigt haben, anhand dessen festzustellen ist, ob der Vertrag erfüllt und die Vergütung geschuldet ist.

Die Leistungsbeschreibung selbst kann unmittelbar im Vertrag erfolgen. Meist geschieht dies in der Praxis, in dem ein Angebot verwendet wird, das sich mit den technischen Spezifikationen und den Preisen auseinandersetzt, während das Angebot selbst auf Allgemeine Geschäftsbedingungen verweist. Soll-Zustände werden auch im Lasten- bzw. Pflichtenheft fixiert. Es ist möglich, dass das Lastenheft wie auch das Pflichtenheft erst nach dem Abschluss des Vertrags konkretisiert werden.

Der Begriff Pflichtenheft wird von Juristen und Technikern unterschiedlich besetzt. Die Rechtsprechung verwendet den Begriff Pflichtenheft häufig für die Beschreibung von Leistungen, die die Techniker als Lastenheft beschreiben. Nach dem Jargon der Juristen bezeichnet das Pflichtenheft die fachlichen Vorgaben  – also das was der Techniker das Konzept nennt. Diese Begriffsverwirrung ist auch nicht weiter relevant, da es jedem freisteht, in einem Vertrag zu definieren, was ein Lastenheft ist, welche Funktionen und Inhalte es aufzuweisen hat. Das Gleiche gilt auch für das Pflichtenheft. Fehlen solche Definitionen in den Vertragsunterlagen müssen Techniker und Jurist aufpassen, nicht aneinander vorbei zu sprechen.

Die Erstellung des Lastenhefts ist grundsätzlich Aufgabe des Kunden. In den meisten Fällen wird aber vertraglich vereinbart, dass der Anbieter die Lasten- und Pflichtenhefte erstellt. Die Übersetzung der betriebswirtschaftlichen Ziele in technische Funktionen und Eigenschaften ist eine Aufgabe, die die Kunden meistens nicht beherrschen. Übernimmt der Kunde die Erstellung des Lastenhefts, muss der Anbieter bei der Übergabe des Lastenhefts prüfen, ob die Vorgaben des Kunden überhaupt technisch realisierbar sind. Der Kunde muss die betriebswirtschaftlichen Ziele und Strukturen darlegen, der Anbieter die Übersetzung auf die technische Ebene. Der Anbieter selbst ist verpflichtet, dem Kunden bei Vorliegen evidenter Mängel darauf hinzuweisen, dass die von dem Kunden gelieferten Vorgaben nicht konsistent sind. Dabei beschreibt das Lastenheft im Grundsatz nur die Aufgabe, die betriebswirtschaftlichen Ziele des Kunden in eine technische Lösung umzusetzen. Erstellt der Kunde das Lastenheft, so handelt er in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko. Der Kunde trägt das Risiko für die Unvollständigkeit der von ihm vorgenommenen betriebswirtschaftlichen Abbildung; der Anbieter aber trägt das Risiko, dass die im Lastenheft getroffenen betriebswirtschaftlichen Spezifikationen im Pflichtenheft nicht sauber abgebildet sind. Da der Anbieter die Erstellung des Pflichtenhefts meistens nicht ohne Mitwirkung des Kunden vornehmen kann  – dafür wird es im Laufe eines Projektes zu viele Rückfragen geben, viele Informationen werden erst nachträglich angefordert werden können –  empfehle ich immer dringend die Verpflichtung des Kunden an der Mitarbeit zur Erstellung des Pflichtenhefts als Hauptleistungspflicht auszugestalten.

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