Beim Abschluss eines Lizenzvertrags gestattet der Lizenzgeber dem Lizenznehmer die Nutzung eines Schutzrechts. Die Parteien müssen grundsätzlich bei der Gestaltung eines Lizenzvertrags nur wenige Vorschriften beachten, da Lizenzverträge – zumindest in Deutschland – kaum gesetzlich geregelt sind. Dies lässt bei der Prüfung eines Lizenzvertrags viele Fragen offen.
Bei der Auseinandersetzung mit einem Lizenzvertrag muss immer die Frage des Vertragsstatuts, nämlich das anwendbare Recht, im Blick behalten werden. Denn danach richtet sich auch die rechtliche Beurteilung des Vertrags.
Zunächst möchten wir jedem, der beabsichtigt einen Lizenzvertrag abschließen, dringend empfehlen, eine Rechtswahl zu treffen. Dies gilt sowohl für den Lizenzgeber als auch für den Lizenznehmer. Haben die Parteien nicht wirksam eine Rechtswahl getroffen, so richtet sich das Vertragsstatut nach dem Gesetz. Da das Gesetz aber gerade auf der internationalen Ebene keine klare Aussage getroffen hat, kann dies zu unerwünschten Ergebnissen führen. Dabei müssen die Parteien auch beachten, dass die jeweilige Bestimmung einer Rechtswahl in den eigenen AGB zu einer Kollision der AGB führen kann. In dem Fall gelten beide Regelungen in den AGB nicht; stattdessen gilt das Gesetz.
Gibt es keine wirksame Rechtswahl, so hängt die Frage, welches Recht anwendbar ist, davon ab, ob sich das Vertragsstatut nach den Bestimmungen von ROM I-VO oder nach den Bestimmungen von ROM II-VO richtet.
Liegt ein Lizenzvertrag vor, fehlt jedoch die wirksame Rechtswahl, so richtet sich die Anknüpfung nach Art. 4 ROM I-VO. Art. 4 ROM I-VO besagt, dass das Recht anwendbar sein soll, an dem der Vertragspartner, der die charakteristische Leistung erbringt, seinen Sitz hat. Nach meiner Auffassung erbringt der Lizenzgeber die charakteristische Leistung, so dass in der Regel das Recht des Landes Anwendung finden muss, in dem der Lizenzgeber seinen Sitz hat. Allerdings herrscht Streit um diese Frage. Im Einzelfall muss man damit rechnen, dass ein Gericht ein anderes Kriterium heranziehen könnte. Im Übrigen muss beachtet werden, dass die Erbringung der charakteristischen Leistung dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn Anhaltspunkte vorliegen, weshalb das Recht eines anderen Staates anwendbar sein soll.
Ferner muss beachtet werden, dass ROM I-VO nur für bestimmte Fragen im Zusammenhang mit dem Lizenzvertrag gilt. Es gibt auch eine Vielzahl von Punkten, die sich nach der ROM II-VO richten. Nach ROM II-VO gilt jedoch nicht das Recht des Landes an dem der Vertragspartner, der die charakteristische Leistung erbringt, seinen Sitz hat, sondern es gilt das Schutzlandprinzip. Dies besagt, dass das Recht des Landes Anwendung finden soll, in dem Rechte geltend gemacht werden.
Wann soll welcher Anknüpfungspunkt gelten?
Das Schutzlandprinzip gilt z.B. bei
– Entstehung des Schutzrechts
– Dem ersten Rechtsinhaber des Schutzrechts
– Inhalt des Schutzrechts
– Umfang des Schutzrechts
– Dauer des Schutzrechts
– Erlöschen des Schutzrechts
– Erschöpfung des Schutzrechts
– Ansprüchen des Verletzten im Falle einer Verletzung des Schutzrechts
– Übertragbarkeit eines Schutzrechts
– Art und Weise der Erfüllung
– Form des Lizenzvertrags
Das Vertragsstatut gilt z.B. bei
– Zustandekommen des Lizenzvertrags
– Wirksamkeit des Lizenzvertrags
– Auslegung des Lizenzvertrags
– Verpflichtung zur Erfüllung des Lizenzvertrags
– Verjährung der Rechte aus dem Lizenzvertrag
– Kündigung bzw. Beendigung des Lizenzvertrags
– Nichtigkeit des Lizenzvertrags
– Leistungsstörungen bei einem Lizenzvertrag
– Ausübungspflichten des Lizenznehmers
– Unterlizenzierung eines Schutzrechtes
Zwei weitere Punkte müssen allerdings bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts beachtet werden, nämlich die Eingriffsnormen. Dies sind die zwingenden Vorschriften eines Staates, die aus sozialen, politischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht umgangen werden dürfen. Einerseits müssen die außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen eines Staates beachtet werden. In Deutschland ist das Außenwirtschaftsgesetz und entsprechender Durchführungsverordnung zu beachten. Ferner ist für die Europäische Union die Verordnung (EG) Nr. 428/2009 zu beachten. Diese Bestimmungen sind insbesondere für Waffen und Güter, die für militärische Zwecke eingesetzt werden können, relevant.
Andererseits sind die jeweils anwendbaren kartellrechtlichen Bestimmungen auf Landes- und gegebenenfalls auf EU Ebene zu beachten. Eine Freistellung von dem Kartellverbot ist über die Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen möglich.