Der BGH hat am 23.7.2009 eine Entscheidung erlassen, die sich mit einer grundlegenden Fragestellung auseinandersetzt. In der Sache ging es um eine Industrieanlage, die aus Standardteilen bestand und die vor Ort nach den besonderen Wünschen des Kunden zusammengebaut wurde. Die Anlage war nach Ansicht des Kunden mangelhaft, weil bestimmte Eigenschaften nicht vorlagen. Im Fall waren bestimmte Konstruktionsmerkmale, die man schnell erkennen konnte, nicht gegeben.Der Kunde setzte mehrere Fristen und trat schließlich vom Vertrag zurück.
Der Kunde hatte bestimmte offenkundige Mängel der Anlage nicht sofort gerügt. Das musste er aber, wenn der Vertrag nach Kaufrecht zu beurteilen war, weil § 377 HGB eben die sofortige Rüge solcher Mängel erfordert und Dinge, die nicht sofort und wirksam gerügt werden, nach dem Kaufrecht zum Ausschluß von Gewährleistungsrechten führen. Wäre der Vertrag nach Kaufrecht zu beurteilen, hätte der Kunde nicht zurücktreten können. Anders, wenn der Vertrag nach Werkvertragsrecht zu beurteilen ist, weil es dann einer Abnahme bedurft hätte. Die lag nicht vor. Der Kunde hätte wegen der Nichterfüllung des Vertrags zurücktreten können.
Frage also: War der Vertrag nach Kauf- oder nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Diese Fragestellung ist für die IT Branche und die für Anlagen-und Maschinenhersteller von eminenter Bedeutung. Nach dem deutschen Recht dürfen Standardverträge – also AGB – nicht von dem gesetzlichen Leitbild abweichen. AGB sind KLauseln, die mit der Absicht formuliert werden, mehr als einmal verwendet zu werden. Praktisch besehen verwendet jeder Verkäufer oder Geschäftsführer im Regelfall AGB und muß sich deshalb mit der Frage auseinandersetzen, ob seine Verträge, mittels derer er Software, Hardware oder Maschinen oder andere Anlagen im Auftrag des Kunden herstellt oder Standardprodukte (eigene oder die von Lieferanten) im Auftrag des Kunden anpasst, dem Kauf oder dem Werkvertragsrecht zuzuordnen sind.
Folgende wesentliche Unterschiede bestehen zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht. Nach Werkvertragsrecht bedarf es einer Abnahme, nach dem Kaufrecht nicht. Dort muss die Ware nur übergeben werden. Der Kunde muß im Werkvertragsrecht eine Abnahme durchführen, im Kaufrecht muß er die Ware auf evidente Mängel untersuchen und rügen. Im Kaufrecht beginnt die Verjährung mit der Übergabe, im Werkvertragsrecht mit der Abnahme. Im Werkvertragsrecht ist es leicht, vertragliche Mitwirkungspflichten des Kunden zu konstruieren, im Kaufrecht fehlt eine solche Regelung. Im Werkvertragsrecht darf der Kunde vorab kündigen, im Kaufrecht nicht. IM Werkvertragsrecht gibt es ein Selbstabhilferecht des Kunden für den Fall, daß der Unternehmer die Mängel nicht binnen zumutbarer Frist beseitigt, im Kaufrecht nicht.
Der BGH hat in seiner Entscheidung dargelegt, daß grundsätzlich auf die Fälle, in denen Standardprodukte – sei es selbst hergestellte oder solche von Lieferanten vor Ort zusammengebaut werden auch dann Kaufrecht anwendbar ist, wenn die Teile nach den Wünschen des Kunden angepasst und fertiggestellt werden. Die meisten dieser Verträge basieren aber auf dem Werkvertragsrecht. Das bedeutet, dieses Verträge geben ab dem 23.07.2009 die REchtslage nicht mehr richtig wieder und sind wenigstens in Teilen unwirksam.