Nach § 89 b HGB kann der Handelsvertreter nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit dem Handelsunternehmen einen angemessenen Ausgleich verlangen. Hat der Handelsvertreter Kunden für das Handelsunternehmen geworben, bekommt er eine Provision für diese Leistung. Scheidet er jedoch aus, obwohl die neuen Kunden ein Vertragsverhältnis mit dem Handelsunternehmen eingehen, so würde der Handelsvertreter seine Provision nicht erhalten. Der § 89 b HGB soll dieses Ungleichgewicht ausgleichen, wenn die Zahlung des Ausgleichs der Billigkeit entspricht.
§ 89 b HGB ist allerdings nicht nur auf Handelsvertreter im Sinne des HGB anwendbar. Vielmehr hat die Rechtsprechung bei einigen anderen Vertragsverhältnissen den § 89 b HGB analog angewendet, z.B. bei Kommissionsagenten, Vertragshändlern und Franchiseverträgen.
Der Ausgleichsanspruch kann allerdings nach Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts nicht bei reinen Markenlizenzverträgen geltend gemacht werden. Ein reiner Markenlizenzvertrag liegt dann vor, wenn der Lizenzgeber keine eigenen Produkte herstellt. Stattdessen lizenziert er die Marke an einen Hersteller, der seine Produkte mit der Marke versieht.
Das OLG Hamburg hat die analoge Anwendung des § 89 b HGB abgelehnt, weil die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 89 b HGB nicht erfüllt seien.
– Absatzmittlungsverhältnis
Zunächst muss zwischen den Parteien ein Absatzmittlungsverhältnis vorliegen. Dies liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Ein Absatzmittler ist grundsätzlich ein selbständiger Gewerbebetreibender, der für das Unternehmen Geschäfte vermittelt oder in dessen Namen abschließt. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmen und dem Absatzmittler wird von geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen geprägt; der Absatzmittler ist weisungsgebunden und somit liegt ein Subordinationsvertrag vor.
Ein solches Vertragsverhältnis ist jedoch bei einem reinen Markenlizenzvertragsverhältnis nicht gegeben, denn der Lizenznehmer stellt eigentlich selbst die Ware her oder erbringt selbst die Dienstleistungen. Er steht daher nicht in einem untergeordneten Verhältnis zu dem Unternehmen, sondern auf einer horizontalen Ebene mit dem diesem.
– Eingliederung
Des Weiteren muss sich der Absatzmittler im Rahmen des Vertragsverhältnisses in die Absatzorganisation des Unternehmens eingliedern. Auch bei dieser Voraussetzung gilt, dass sich der Absatzmittler dem Unternehmen unterordnen muss. Insoweit ist seine Tätigkeit auf den Absatz des Produkts oder die Dienstleistungen des Unternehmens gerichtet. Beim Markenlizenzvertrag steht jedoch die Sicherung der Funktion der Marke im Vordergrund, nämlich die Herkunfts-, Unterscheidungs- und Qualitätsfunktion.
– Übertragung des Kundenstamms
Letztlich muss der Absatzmittler bei Beendigung des Vertragsverhältnisses seinen Kundenstamm überlassen oder dazu verpflichtet sein. Eine solche Verpflichtung besteht jedoch bei der Beendigung eines reinen Markenlizenzvertrags nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Kunden des Lizenznehmers (= vermeintlichen Absatzmittlers) auch seine Kunden bleiben werden.
Des Weiteren muss der Absatzmittler in der Absatzorganisation des Unternehmens eingegliedert worden sein. Letztlich muss nach Beendigung des Vertragsverhältnisses der Absatzmittler zur Überlassung seines Kundenstamms verpflichtet sein oder den Kundenstamm übertragen haben.
Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts wurde unter dem Aktenzeichen 3 U 146/06 am 27.11.2008 erlassen.