Das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Auffassung einiger Gerichte, dass ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO vom Betroffenen hinreichend bestimmt, und somit konkretisiert werden muss.
Dasss Unternehmen Auskunft erteilen müssen, ist nun kein Geheimnis mehr. Dass die Auskunft bestimmte Inhalte, nämlich die nach Art. 15 DSGVO enthalten muss, dürfte auch den meisten Unternehmen bekannt sein. Was aber aufgrund der Vielfalt an Entscheidungen von verschiedenen Gerichten unklar geblieben ist, ist der Umfang der Kopie, die der Verantwortliche gem. Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO zur Verfügung stellen muss. Insbesondere werden wir oft gefragt, ob denn der gesamte Email-Verkehr zu der Kopie gehört, die der Betroffene verlangen kann.
Stellen Sie sich vor, der Betroffene erwartet dann auch noch, dass die Auskunft per Post erfolgen soll. Und mangels hinreichender datenschutzsicherer Systeme bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als diesem Wunsch nachzukommen. Dann stellen Sie sich zu Recht die Frage, ob Sie nun die 100 Emails ausdrucken müssen, die der Betroffene gerne hätte.
I. Was sagt die DSGVO, die Erwägungsgründe und die Rechtsprechung?
Art. 15 DSGVO gewährt dem Betroffenen einen Anspruch auf Auskunftserteilung der personenbezogenen Daten.
Für Verantwortliche, die eine große Menge von Informationen über die betroffene Person verarbeiten, sieht Erwägungsgrund 63 Satz 7 zunächst eine Erleichterung bei einem (pauschalen) Auskunftsersuchen vor. So darf der Verantwortliche vor Auskunftserteilung von der betroffenen Person eine Präzisierung des Auskunftsbegehrens verlangen (so auch LG Heidelberg, Urteil vom 21.02.2020 – 4 O 6/19).
Die betroffene Person hat somit klarzustellen, an welchen Informationen bzw. welchen Verarbeitungsvorgängen sie interessiert ist (siehe Paal/Pauly/Paal, 2. Aufl. 2018, DSGVO Art. 15 Rn. 8).
Das LG Heidelberg hatte im Februar 2020 entschieden, dass der Antrag auf Überlassung einer Kopie der Datenkategorie Emailkorrespondenz für einen bestimmten Zeitraum (1,5 Jahre) zwar hinreichend bestimmt sei, es aber an der Verhältnismäßigkeit scheitere, weil die Zusendung der Kopie rund 4.000 € kosten würde.
Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg am 20.12.2018 (AZ: 17 Sa 11/18) entschied, dass der Antrag auf Überlassung einer Kopie von „Leistungs- und Verhaltensdaten“ hinreichend bestimmt sei und dieser Antrag auch nicht unverhältnismäßig sei.
II. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun hinsichtlich des Antrags auf Überlassung einer Kopie von „Emails“ entschieden, dass dieser Antrag nicht hinreichend bestimmt sei.
In der Pressemitteilung heißt es:
Pressemitteilung Nr. 8/21
Erteilung einer „Datenkopie“ nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO
Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. bis 31. Januar 2019 als Wirtschaftsjurist beschäftigt. Mit seiner Klage hat er ua. Auskunft über seine von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie die Überlassung einer Kopie dieser Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) verlangt. Nachdem die Beklagte dem Kläger Auskunft erteilt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.
Die Klage auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten des Klägers hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise entsprochen und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat angenommen, der Kläger habe zwar einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Auskunft der Beklagten waren, nicht aber auf die darüber hinaus verlangten Kopien seines E-Mail-Verkehrs sowie der E-Mails, die ihn namentlich erwähnen.
Die gegen die teilweise Abweisung seiner Klage gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Senat konnte offenlassen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO die Erteilung einer Kopie von E-Mails umfassen kann. Jedenfalls muss ein solcher zugunsten des Klägers unterstellter Anspruch entweder mit einem iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Klagebegehren oder, sollte dies nicht möglich sein, im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO gerichtlich geltend gemacht werden. Daran fehlte es hier. Bei einer Verurteilung der Beklagten, eine Kopie des E-Mail-Verkehrs des Klägers zur Verfügung zu stellen sowie von E-Mails, die ihn namentlich erwähnen, bliebe unklar, Kopien welcher E-Mails die Beklagte zu überlassen hätte. Gegenstand der Verurteilung wäre die Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung iSv. § 888 ZPO, für die im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen ist, dass der Schuldner an Eides statt zu versichern hätte, sie vollständig erbracht zu haben.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. April 2021 – 2 AZR 342/20 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 9. Juni 2020 – 9 Sa 608/19 –
III. Anmerkung
Diese Entscheidung ist zu begrüßen, sofern sie darauf abzielt, dass die Auskunftsansprüche der Betroffenen präzisiert sein sollten. Das hilft dem Unternehmen, die Auskunft auch wirklich leisten zu können.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nicht um die Email-Korrespondenz zwischen dem Verantwortlichen und dem Betroffenen geht, sondern auch um Email- Korrespondenz, die dem Betroffenen gerade nicht vorliegen. Hier steht es dem Verantwortlichen zu, die Emails entsprechend zu schwärzen (siehe auch Art. 15 Abs. 4 DSGVO). Der Aufwand, zahlreiche Emails zu prüfen und zu schwärzen, kann durchaus zu einem unverhältnismäßigen Aufwand werden.
Es wird noch weitere Entscheidungen geben müssen, um weitere Klarheit zu schaffen.