Fortsetzung vom Teil I
Die Alternativen hängen im Wesentlichen davon ab, welche Entscheidung der Kunde hinsichtlich der Nutzungsrechte an der Individualsoftware trifft. Ich bin aus verschiedenen Gründen ein Anhänger der These, dass der Kunde gut daran tut, auf die Übertragung von ausschließlichen Nutzungsrechten zu verzichten. Noch einmal zur Erinnerung. Ausschließliche Nutzungsrechte benennen das Urheberrecht als Recht, selbst etwas in einer bestimmten Weise verwenden zu können und anderen die Nutzung verbieten zu können. Überträgt das Softwareunternehmen also ausschließliche Nutzungsrechte an den Kunden, so darf kein anderer Kunde die Individualsoftware mehr nutzen. Das Gegenstück der ausschließlichen Nutzungsrechte sind die einfachen Nutzungsrechte. Hier darf der Kunde (nur) selbst nutzen, aber niemand anderen von der Nutzung ausschließen.
1.) Wählt er die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte an der Software, so sind verschiedene Dinge zu beachten.
a.) Das IT- Unternehmen „pflegt“ seine Standardsoftware, d.h. es passt diese immer wieder an sich verändernde Parameter der Umgebung an. Solche Parameter sind z.B. sich ändernde technische Parameter wie Systemumgebungen, Schnittstellen, etc., auch gesetzliche Parameter wie Gesetze, Gerichtsentscheidungen oder fachliche Aspekte, die sich im Laufe der Zeit ändern. Die Kosten für diese Anpassungen werden unter allen Bestandskunden geteilt. Ein Kunde, der die Individualsoftware von diesem Prozess ausschließt, muss die Kosten für die Anpassung der Individualsoftware an die Standardsoftware alleine zahlen. Vollends kompliziert wird es, wenn die Individualsoftware nach anderen Parametern als die Standardsoftware zu ändern ist. Viele meiner Kunden arbeiten mit dem Ansatz, dass die Anpassung von Individualsoftware stets als eigenständiges Projekt zu behandeln ist.
b.) Die Struktur der Standardsoftware und der Individualsoftware wird mit jedem neuem Change ( egal auf welcher Seite) weiter auseinandergehen.
c.) Bei Beendigung des Mietvertrags für die Standardsoftware erlischt das Nutzungsrecht des Kunden zur Nutzung der Standardsoftware, nicht aber das der Individualsoftware. Welchen Wert dieser Umstand hat, ist schwer zu beurteilen. Handelt es sich um Standardsoftware des IT- Unternehmens, ist die Individualsoftware wertlos. Der Sinn der Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte durch den Kunden bestand in der Option, die Individualsoftware zu monopolisieren. Eine Weiterverwendbarkeit der Individualsoftware ist dann aber genauso wenig vorhanden als wenn man eine gewerbliche Mietung durch umfangreiche Installationen hat individualisieren lassen. Auch wenn die Standardsoftware von dem Hersteller kommt, ist Vorsicht geboten. Die Programmierung von Software ist nicht umsonst ein schöpferischer Akt und keine Form rein technischer bedingter Ingenieurskunst. Programmierer haben unterschiedliche Wege, faktische Anforderungen in Codes umzusetzen. Es ist immer eine Frage des Einzelfalles, ob andere Programmierer den Weg des ursprünglichen Programmierers nachvollziehen und wirklich weiterführen können. Sicher ist das nicht. Falls die Programmiersprache nicht so strukturiert ist, dass der neue Programmierer sie ohne eine Dokumentation verstehen kann, braucht man eine Dokumentation und das wirft wieder neue Kosten auf.
2.) Wählt de Auftraggeber die Übertragung einfacher Nutzungsrechte, so ist die Sache einfacher: Der Kunde kann den shared cost Ansatz auch für sich in Anspruch nehmen. Es ist alles so wie in einem „normalen“ Softwarepflegevertrag“.