Anders als die KI haben Algorithmen schon heute einen großen Einfluss auf unser Leben. Dieser Blog fragt nach den Möglichkeiten, wie man in Programmen niedergelegte Prozesse rechtlich schützen kann.
Und die Antwort ist: Abstrakte und intellektuelle Methoden sind nicht patentierbar. Mathematische Methoden, die hinter den Codesequenzen stehen oder diese verkörpern, sind nicht nach dem Patentgesetz schützbar. Algorithmen enthalten einen Prozess, mittels dessen schrittweise Arbeitsschritte vollzogen werden. Solche Prozesse sind nicht patentfähig.
So man einmal die Schritte gegangen ist, in Algorithmen die Anordnung von bestimmten Arbeitsschritten zu sehen, kann sich die urheberrechtliche Schutzfähigkeit entweder aus den einzelnen Arbeitsschritten ergeben. Für diese gilt das Gleiche, was allgemein für das Urheberrecht an Software gilt. Die Sequenz im Source der einzelnen Arbeitsschritte ist urheberrechtfähig, nicht aber die Idee hinter der Sequenz. Das liegt schlicht darin begründet, dass der Gesetzgeber weniger das Interesse des einzelnen an dem Schutz seiner „Erfindung“ als vielmehr als volkswirtschaftliche Interesse daran verfolgt, dass es keine Monopole an Ideen, Prozessen etc. geben kann. § 69a Abs.2 S.2 UrhG (Urhebergesetz) lautet:
(2) ….S.2: Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.
Und das Gleiche gilt analog auch für Algorithmen. Ideen, bestimmte Arbeitsschritte in einer bestimmten Sequenz abzuarbeiten, sind grundsätzlich nicht schutzfähig.
Schutz nach dem Urheberrecht: Möglich, aber schwierig.
Natürlich kann in der Anordnung bestimmter Arbeitsschritte ein urheberrechtlicher Akt liegen. Es verhält sich nicht anders als in der Kunst. Picasso hat aus bestimmten Müllteilen und Ästen, die er als Strandgut gefunden hat, Skulpturen angefertigt. Mein Lieblingsbeispiel ist der Pavianaffe mit dem Kind. Der Kopf besteht aus einem Modellauto. Die Teile selbst waren schon fertig, als Picasso sie fand. In der Anordnung von vielen Teilen, die selbst nicht vom Urheberrecht geschützt sind, kann wieder ein urheberrechtlicher Akt liegen. Aber Achtung: Die Anordnung darf nicht aus technischen Gründen so zwingend vorgegeben sein, weil die Juristen dann wieder schließen, dass die Anordnung der einzelnen Schritte selbst nicht durch kreativen Akt entstanden ist, sondern Produkt einer zwingenden „Technischen Anforderung“. Das Urheberrecht, das ja für Künstler und nicht für Techniker geschaffen wurde, besagt aber, dass nur dort eine Schöpfung entstehen kann, wo es auch einen Gestaltungsspielraum gibt. Und letztlich entscheidend ist auch Eines: Wer soll denn bitte im Rahmen eines Verletzungsprozesses seine Geheimnisse aufdecken und die Struktur der Arbeitsschritte offenlegen, ohne dass die Gegenseite davon profitiert? Im Rahmen eines möglichen Verletzungsprozesses müsste man – um nachzuweisen, dass die Software des eigenen Unternehmens durch das andere Unternehmen „nachgebaut“ wurde – die eigene Software offenlegen, mit der Gefahr, Know-how einzubüßen.
So bleibt also nur die Möglichkeit, Algorithmen nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz zu schützen. Wie das geschehen kann, habe ich an anderer Stelle beschrieben. In der Literatur wird teilweise vertreten, daß Algorithmen, die nach dem GeschGehG geschützt sind, auf vertraglicher Grundlage lizensiert werden könnten. Ich glaube das nicht. Der BGH hat seit Jahrzehnten jedem Versuch der Softwareindustrie (und hier vor allem den Versuchen der Rechtsabteilungen von Microsoft, IBM, Oracle) widerstanden, neue absolute Rechte im Urheberrechtskanon aufzunehmen. Sofern der Gesetzgeber an einer Stelle die Aussage trifft, daß man Ideen nicht monopolisieren können soll, so wird man diese Bewertung nicht mit dem Vehikel des GeschGehG konterkarrieren können.
Und so furchtbar ist das auch nicht. Die Softwareindustrie in Europa lebt mit dem Ansatz „Ideen und Methoden sind nicht schutzfähig“ seit mehr als 25 Jahren und gedeiht. Auch wenn es der Beruf von Juristen ist, die Möglichkeiten des Schutzes von geistigem Eigentum zu prüfen, so muß man doch sagen, daß Startups durch Monopolstellungen beeinträchtigt werden. Und die Mehrheit der deutschen Softwarehersteller hat weniger als 50 Mitarbeiter und nicht die finanziellen Möglichkeiten, Juristen mit der Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes zu befassen. Hier wie im Patentrecht gilt: Für manche Dinge gibt es einen Sinn.