Die Handlungen, die als verboten gelten, sind in der Übersicht: die unbefugte Erlangung, die Offenlegung oder Nutzung, der Erwerb oder die Nutzung durch Dritte und viertens der Vertrieb verletzender Produkte.
Der Begriff der unbefugten Erlangung spricht für sich. Es ist egal, ob eigene Angestellte oder Dritte die Handlung begehen: Wenn der Rechteinhaber die Informationen beherrscht und anderen den Zugang vertraglich verbietet, liegt eine unbefugte Erlangung vor. Genau aus dem Grund ist es auch so wichtig, interne Regelungen festzulegen aus denen sich ergibt, wer, was in einem Unternehmen darf (oder auch nicht). Handelt ein Angestellter außerhalb seiner Befugnisse, begeht er eine verbotene Handlung. Zum Tatbestand der unbefugten Erlangung gört auch die Fallgruppe, dass jemand nicht durch eigenes Tun in den Besitz einer geschützten Information gerät, sondern diese per Zufall erhält, etwa durch den Zugang einer nicht für ihn bestimmten Mail oder dadurch, dass ein Kollege einen Datenstick versehentlich liegenläßt. So erlangte Geheimnisse dürfen nicht verwertet werden.
Wer das Geheimnis ohne Befugnis erlangt hat, darf es weder nutzen (also verwerten) oder offenlegen. Dass vertraglich verpflichtete Externe oder eigene Mitarbeiter keine unbefugt erlangten Geheimnisse verwerten dürfen, ist klar. Das Problem gibt es nach wie vor in Sachverhalten, in denen Mitarbeiter legal Informationen im eigenen Unternehmen erworben haben und diese nun in einem neuen Unternehmen verwerten. Die Gerichte neigten in solchen Fällen sehr dazu, von sogenanntem Erfahrungswissen zu sprechen, das in dem neuen Unternehmen sanktionslos eingesetzt werden dürfe. Man wird abzuwarten haben, ob sich diese Haltung ändert. Der wichtigste Punkt besteht darin, die Befugnisse der Angestellten nach dem „need to know- Prinzip“ zu regeln. Vertraglich kann man der Situation nicht Herr werden. Falls entsprechende Verwertungsverbote mit den Angestellten getroffen werden, bevor der Angestellte aus dem Unternehmen ausscheidet, liegt ein Wettbewerbsverbot vor, das nach dem HGB (§ 74ff HGB) eine Entschädigungspflicht auslöst. Nach dem Ausscheiden könnten diese Vereinbarungen zwar abgeschlossen werden, aber dann ist es zu spät.
Wer ein Geheimnis durch einen Dritten erlangt hat, der gegen das GeschGehG verstieß, haftet. Allerdings nur dann, wenn er Kenntnis hatte oder infolge fahrlässiger Unkenntnis nicht hatte. Auch zeigt sich wieder die Notwendigkeit, angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Das Moment der fahrlässigen Unkenntnis richtet sich ja danach, ob die Person, die das Geheimnis verwertet, infolge einfacher Fahrlässigkeit nicht erkannt hat, dass es sich um ein Geschäftsgeheimnis handelte. Genauso haftet derjenige, welcher Produkte, die ihm auf der Basis eines Verletzungshandlung überlassen wurden, herstellt oder vertreibt. Dazu gehören die Herstellung, das Anbieten, das Vertrieben, die Einfuhr oder Lagerung.
Erlaubte Handlungen und Rechtfertigungsgründe
Erlaubte Handlungen sind Nebenschöpfungen oder eigenständige Schöpfungen. Es geht nicht um das „first comes first serves“- Prinzip, sondern um einen Schutz vor unerlaubten Handlungen. Erstmals zulässig ist auch die Analyse im Rahmen eines Reverse Engineering, die eine eingehende Untersuchung der auf dem Markt vertriebenen Produkte ermöglicht. Diese Ausnahmen spielen aber für meinen Bereich eine kleinere Rolle, weil durch den § 69e UrhG für Software ja schon eine Grenze der Zulässigkeit für das Reverse Engineering besteht. Ausnahmen bestehen im Rahmen der Pressefreiheit und des Whistleblowings. Ein deutsches Problem der Umsetzung der europäischen Richtlinie besteht genau hier, weil unklar ist, unter welchen Voraussetzungen das deutsche Recht das Whistle Blowing als Rechtfertigungsgrund akzeptiert, während dies nach der EU- Richtlinie nicht der Fall ist. Man wird abzuwarten haben, welche Richtung die Gerichte hier einschlagen.
Ansprüche
Ansprüche ergeben sich aus dem im gewerblichen Rechtsschutz Üblichen: Unterlassung und Beseitigung (§ 6), Auskunft (§ 8). Schadensersatzansprüche können nach der dreifachen Schadensberechnungsmethode quantifiziert werden, was bereits dem deutschen Recht entsprach. Das Problem des GeschGehG ist die mangelhafte Ausgestaltung der Rechtsdurchsetzung. Wer gegen einen Verletzer vorgehen will, muss in dem Verfahren nachweisen, dass er bestimmte Geschäftsgeheimnisse innehat. Also muss er diese in einem gewissen Umfang auch gegenüber der beklagten Partei aufdecken. Umgekehrt kann sich die beklagte Partei oft nur durch Aufdeckung von Geheimnissen verteidigen. Wer einmal Prozesse über die Verletzung von Urheberrechten an Software geführt hat, kennt das Problem. Sachverständige (die meistens nicht genau aus dem Sektor der Software stammen, die für die Analyse des Prozessstoffes erforderlich ist) werden losgeschickt und im Rahmen einer einstweiligen Verfügung wird Software sequestriert (d.h. beschlagnahmt durch eine Begutachtung durch einen Sachverständigen). Da Software aber immer auch aus Bestandteilen besteht, die frei verfügbar sind und nicht individuell programmiert wurden, führt eine Analyse der Sachverständigen, die anhand von Software die Gleichheit von den verglichenen Programmen untersucht, meist ins Nichts. Auch der Sachverständige muss gebrieft werden, welche Teile der Software neu und eigenständig sind und warum bestimmte Dinge neu programmiert wurden und andere nicht. Und dieses Verständnis wird kaum ein Anwalt dem Sachverständigen nahebringen können.
Das Deutsche Recht versucht sich hier mit Hilfskonstruktionen der „In camera – Verfahren“ (nicht die Parteien, sondern nur instruierte Anwälte sollen die Geheimnisse besichtigen dürfen), aber damit ist nicht klar, ob die Informationen nicht durch die Anwälte auch zu der jeweils anderen Partei sickern.