In dieser Blogserie geht es um den Zusammenhang zwischen dem juristischen Begriff der „Abnahme“ im Werkvertragsrecht unter Struktur des Projektvertrags, wenn die Parteien sich auf das sogenannte „Prototyping“ geeinigt haben. Drei Teile gibt es.
- Generelles
Einer der größten Fehler bei der Erstellung von IT-Verträgen besteht darin, dass die Rechtsanwälte den Verträgen Regelungen zu Grunde legen, an die sich in der Praxis niemand hält. Auch für Juristen gilt der Satz, dass der gelebte Vertrag wichtiger, ist als das geschriebene Wort. Es kommt letztlich immer darauf an, wie tatsächlich gearbeitet wird und nicht darauf, was wortreich in einem Vertrag geregelt ist, aber in der Praxis unbeachtet bleibt.
Abnahme und Projektstruktur
In diesem Blog geht es um den Zusammenhang zwischen dem juristischen Begriff der „Abnahme“ im Werkvertragsrecht unter Struktur des Projektvertrags, wenn die Parteien sich auf das sogenannte „Prototyping“ geeinigt haben.
Das BGB geht davon aus, dass Planungsphase und Realisierungsphase unterschiedliche Dinge sind. Das gilt jedenfalls für das Werkvertragsrecht. Der Auftraggeber hat den Soll-Zustand so präzise anzugeben, dass der Auftragnehmer bei Vertragsabschluss in der Lage ist, abzuschätzen, ob er die Vorgaben des Soll-Zustandes realisieren kann und welches Risiko er damit eingeht.
Soweit die Theorie. In der Praxis werden Werkverträge häufig unterschrieben, ohne dass die Planungsphase abgeschlossen ist. Im Grunde genommen zeichnet sich das Projektgeschäft dadurch aus, dass die Planungsphase nie abgeschlossen sein kann. Die Parteien vereinbaren aber trotzdem die Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts, obwohl dessen Matrix mit der des Projektgeschäfts nicht kompatibel ist. Während das Werkvertragsrecht voraussetzt, dass die Planungsphase zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung abgeschlossen ist, ist es das klare Kennzeichen des Projektvertrages, dass nach dem Abschluss des Vertrages weiterhin Planungsarbeiten durchgeführt werden müssen. Der Sollzustand ist eben genau nicht klar umrissen, wenn die Parteien den Vertrag unterschreiben.
Im Grunde geht es bei der Projektmethodik darum, die Vorstellungswelt des Kunden über das Funktionieren der Software mit dem Ist-Zustand der Software so weit zu vereinen, dass der Kunde zufrieden ist und die Abnahme erklärt.
Das „Prototyping“ ist beliebt, weil es zwei Probleme angeht, die andere Projektmethodiken nicht so gut lösen können:
1.) Es gibt selten ausreichende Dokumentation für die Standardsoftware, die den Prototypen bildet und es gibt kaum jemals eine ausreichende Dokumentation, die die Geschäftsprozesse des Auftraggebers abbildet. Juristen sprechen von der Perpetuierungsfunktion des geschriebenen Wortes und meinen damit, dass das, was man aufgeschrieben hat, zu irgendeinem Zeitpunkt als Vergleichsmaßstab herangezogen werden kann. Dokumentationen helfen bei einem Abgleich von Ist und Soll.
2.) Lange Planungsphasen mindern die Motivation des Kunden, an der Planung mitzuwirken. Es ist immer besser, dem Kunden die jeweiligen Ergebnisse eines Arbeitszyklusses schnell zu präsentieren, damit der Kunde sieht, dass etwas im Entstehen ist.
Das Prototyping setzt dort an, wo eine Dokumentation über den Ist-Zustand des Prototypen durch die Möglichkeit des „Ausprobierenkönnens“ ersetzt wird. Evaluierungssoftware hat ihre Bedeutung darin, dass der Kunde durch das „look & feel“ die Software nutzen kann, ohne eine lange Dokumentation durchzuarbeiten. Eine technische Dokumentation eines neuen Autos samt Explosionszeichnung wirkt sicherlich nicht so wie die Ausstellung eines neuen Autos in einem Showroom.