3.5 Lizenztexte und Urhebervermerke
3.5.1 Lizenztexte
Praktisch immer verlangen die OSS- Lizenzen, dass der Text der Lizenz mit der Software gemeinsam übergeben werden muss. Sofern man es als Lieferant richtig machen will, muss man dem Kunden eine BOM (Bill of Material: Eine Liste, aus der sich die unterschiedlichen Softwarekomponenten der Software ergeben) ausliefern, bevor der Vertrag abgeschlossen wird.
Die Frage, ob ein Link reicht oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalles. Man kann das über eine Landingpage machen, die nicht offen zugänglich ist, über eine Datenbank, etc.
Nach dem Deutschen Rechtsverständnis sind die Lizenztexte AGB, sie müssten also um wirksam Vertragsbestandteil zu werden, bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kenntlich gemacht werden, so dass die Gegenseite (der Kunde) sie auch sehen kann. Nach dem Vertragsabschluss wäre es zu spät, dann wären ausschließlich die Regelungen des „Hauptvertrags“ anwendbar. Da die meistens nicht die Beschränkungen der OSS- Lizenzbestimmungen beinhalten, wäre man als Lieferant also verpflichtet, etwas zu liefern, was man nicht liefern kann.
Für die Softwarelieferanten ergibt sich grundsätzlich zweierlei:
Erstens zu wissen, welche Lizenzbestimmungen dem Kunden eigentlich übergeben werden müssen. Das macht man, in dem man eine SBOM erstellt und sich die Lizenztexte anschaut, die in dem System enthalten sind, das dem Kunden überlassen wird.
Und zweitens, den Kunden zum richtigen Zeitpunkt darauf hinweisen, welche Lizenzbestimmungen für das System gelten, in dem man ihm die BOM übermittelt, also vor dem Vertragsabschluss und nicht erst mit der Auslieferung.
3.5.2 Benennung als Urheber/ Verpflichtung zur Identischen Wiedergabe von Regelungen
Sofern die Lizenzbestimmungen die Pflicht etablieren, dass die Urheber der Software namentlich genannt werden, ist dies auch an prominenter Stelle zu tun. Man vergisst immer, dass das Recht des Urhebers (des Programmierers) ein nicht abdingbares Recht ist, weil in der Praxis von diesem Recht kein Gebrauch gemacht wird. Wir kennen einfach kein Lexoffice oder SAP mit Abspann, aber überlegen Sie sich bitte, was geschieht, wenn Sie im Kino sind. Da gibt es einen Abspann. Und den zeigt man nicht, um Gedrängel am Ausgang zu vermeiden. Jeder urheberrechtlich Werkschaffende hat ein Recht darauf, als Urheber genannt zu werden. Da das nicht jede Rechtsordnung so scharf sieht wie die Deutsche haben einige Lizenztexte diese Pflicht noch einmal deutlich normiert. Ihre Missachtung führt zu Ansprüchen auf Unterlassung der Nutzung der Software. Ob die Namen in einem gesonderten Dokument oder in der Datei wiedergegeben werden müssen oder die Wiedergabe im Sourcecode reicht, ist wieder Sache des Einzelfalles.
Sofern weitere Dokumente, Manifeste oder Hinweise mit dem Lizenztext gemeinsam weitergegeben werden müssen, ist auch dies zu beachten und zu realisieren. So sehen viele Lizenzbestimmungen zum Beispiel vor, dass die Regelung des Haftungsausschlusses noch einmal unabhängig von dem eigentlichen Lizenztext hervorzuheben ist.
3.6 Was man weitergeben muss
Sofern man dann alle Informationen hat, die man als Empfänger von Open Source meint erhalten haben zu müssen, stellt sich die Frage ob man über alle Dokumente und Hinweise verfügt, um die Komponenten wieder rechtmäßig vertreiben zu können.
Dazu gehören meistens:
- der richtige Lizenztext;
- die Urhebervermerke;
- die Zuordnung dieser Informationen zu den richtigen Dateien;
- die Angabe des Haftungsausschlusses;
- die Auslieferung des Source Codes;
- andere Informationen wie die written offers, Informationen zur Auslegung des Lizenztextes.
3.7 Haftung und Gewährleistung
Die Lizenzbestimmungen enthalten Regelungen, nach deren Inhalt die Haftung und Gewährleistung in weitem Rahmen ausgeschlossen wird. In der Praxis ist das kaum ein Problem, weil die § 521 und § 524 BGB im Falle der Schenkung einer Sache – die Haftung des Schenkers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt wird. Damit können diese Regelungen konform zum deutschen Recht ausgelegt werden.