Das OLG Düsseldorf hat in einer Entscheidung aus dem Februar 2024 (10 U 70/23) zu der Frage Stellung genommen, ob der Kunde wegen einer Fehlvorstellung über die erforderliche Systemumgebung eine Anfechtung des Vertrags wegen einer Täuschung über eine „verkehrswesentliche Eigenschaft“ erklären kann.
Hintergrund: Der Kunde saß einer Fehlvorstellung auf über die erforderliche Systemumgebung (die Software setzte die Existenz eines WLANs mit bestimmten Eigenschaften voraus). Über diese Systemvoraussetzungen hatte das IT- Unternehmen nicht in den Präsentationen aufgeklärt und auch in der Leistungsbeschreibung für das Programm fanden sich diese Voraussetzungen nicht. Die Dokumentation für die Systemumgebung fand sich erst in einer anderen Beschreibung mit dem Text „Beachten Sie unsere Hard- und Softwarevoraussetzungen“. Das reichte dem Gericht nicht und es ließ die Anfechtung gelten mit dem Ergebnis, dass alle Leistungen rückabzuwickeln waren.
Für den Juristen ist es leicht unverständlich, wie das Gericht zu dem Ergebnis kommt, denn der Irrtum über „eine verkehrswesentliche Eigenschaft“ ist eine „den Wert dauerhaft bildende Tatsache“ . Das sind regelmäßig die Dinge, über die nicht gesprochen wird, die aber den Wert einer Sache ausmachen, wie z.B. die Frage, wie viel Benzin verbraucht das Auto oder die Echtheit eines Kunstwerkes. Schlicht, ein Faktor, der dem Objekt innewohnt und der den Wert ausmacht. Dass die Systemumgebung dazu gehört, halte ich für sehr überdehnt. Dass es einen wirtschaftlichen Wert ausmachen soll, ob die Clients einer Software per Kabel oder per WLAN zu verbinden sind, glaube ich nicht.
Richtig ist aber sicher, dass man einen technisch nicht versierten Kunden darüber hätte aufklären müssen, dass der Betrieb der Software bestimmte technische Parameter erfordert. Und wenn man das nicht tut, geht man eben ein gewisses Risiko.
Der § 434 III BGB besagt klar, dass „soweit nichts anderes“ vereinbart wurde, die gekaufte Sache den objektiven Anforderungen entsprechen muss. Was eine objektive Anforderung ist, ist unklar. Kommuniziert man an dieser Stelle nicht klar und sagt dem Kunden nicht vor dem Vertragsabschluss konkret: Das musst Du tun und das Das muss vorhanden sein, damit die Software funktioniert; dann überlässt man die Antwort auf die Fragestellung, was eine objektive Anforderung ist, dem Gericht. Und das hat eben nur eine begrenzte Sachkunde. Im konkreten Fall argumentierte das Gericht, die Systemumgebung sei eine „verkehrswesentliche Eigenschaft“, weil es ja auch Software gebe, die mit WLAN funktioniere. Das ist nicht schlüssig.
Wer solchen Stromschnellen entgehen will, sollte also bitte im Vertrag klar regeln, dass der Kunde die erforderliche Systemumgebung beizustellen und während der Laufzeit des Vertrags zu betreiben habe (stand nicht im Vertag) und verweise auf eine Dokumentation, die dem Kunden vorliegt und die ihm sagt: Das musst Du tun, damit die Software, wie vereinbart, funktioniert.