Gerade das Thema Auskunftsanspruch und Herausgabe der Kopien aller bei dem Verantwortlichen vorhandenen personenbezogenen Daten ist für die Rechtsprechung seit einigen Jahren ein oft behandeltes Thema.
Relevanz hat das Thema, weil jedes Unternehmen mit einem Auskunftsanspruch konfrontiert werden kann. Und jedes Unternehmen muss sich dann die Frage beantworten, was denn nun als Kopie an den Betroffenen herauszugeben ist.
Wie ist es zum Beispiel mit Telefonnotizen, Aktenvermerken und anderen Notizen, in denen der Betroffene genannt wird? Muss wirklich jede Email Korrespondenz übersandt werden?
Der BGH hat am 05.03.2024 hierzu nun eine Entscheidung getroffen (Az. VI ZR 330/21).
Die Klägerin war lange Zeit für das Beklagte Unternehmen beratend tätig. Im Jahr 2019 forderte die Klägerin von den Beklagten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO die Herausgabe von Kopien aller personenbezogenen Daten, die im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit gespeichert wurden. Die Beklagte stellte lediglich eine Auskunft zur Verfügung, jedoch keine Kopien der dazugehörigen Dokumente. Daraufhin klagte die Klägerin und verlangte (im Laufe des Prozesses noch einmal konkretisiert) die Herausgabe von spezifischen Dokumententypen, insbesondere Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle, Briefe und E-Mails aus dem Zeitraum 1997 bis 2018.
Die Instanzgerichte urteilten unterschiedlich. Die Sache ging bis zum BGH.
Der BGH stellt zunächst klar, dass Art. 15 DSGVO auch für Zeiträume vor in Kraft treten der DSGVO gilt, sofern der Auskunftsanspruch danach geltend gemacht wird.
Dann erläutert der BGH Sinn und Zweck des Art. 15 Abs. 1 DSGVO und den Umfang der Kopie, die der Betroffene erhalten muss. Aber der BGH grenzte auch den Umfang ab und erläutert, wann Dokumente, selbst wenn sie personenbezogene Daten enthalten, nicht gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO herauszugeben sind.
Art. 15 Abs. 1 DSGVO garantiert das Recht auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten, während Art. 15 Abs. 3 DSGVO die Art der Auskunftserteilung regelt, indem gefordert wird, dass die Daten in Form einer „Kopie“ bereitgestellt werden. Dies erweitert jedoch nicht das Grundrecht auf Auskunft, sondern definiert nur die Form der Bereitstellung.
Die Klägerin habe daher Anspruch auf Kopien der von ihr verfassten und den Beklagten vorliegenden Briefe und E-Mails, da diese direkt ihre personenbezogenen Daten enthalten.
Dokumente wie Telefonnotizen oder Aktenvermerke sind nicht zwangsläufig von Art. 15 Abs. 3 DSGVO umfasst.
Warum sind Schreiben und Emails der Klägerin (Betroffenen) an die Beklagte herauszugeben?
Laut Art. 4 Nr. 1 DSGVO umfassen personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person beziehen. Der Europäische Gerichtshof betont, dass dieser Begriff weit zu interpretieren ist und nicht nur sensible oder private Daten umfasst, sondern alle Informationen, die in irgendeiner Form mit einer Person verbunden sind. In diesem Zusammenhang sind Schreiben der betroffenen Person an den Verantwortlichen vollständig als personenbezogene Daten zu werten.
Denn die betroffene Person habe sich im Schreiben geäußert, was bereits ein personenbezogenes Datum darstelle.
Andere Dokumente wie Telefonnotizen, Aktenvermerke oder Gesprächsprotokolle, die durch die Beklagte erstellt wurde und Informationen über die Klägerin enthalten, sind nicht zwangsläufig in ihrer Gesamtheit als personenbezogene Daten zu betrachten. Eine solche umfassende Bereitstellung aller Dokumente als Kopien ist nicht gerechtfertigt, es sei denn, es ist notwendig, um die Verständlichkeit der verarbeiteten Daten und die effektive Ausübung der Rechte der betroffenen Person zu gewährleisten. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass eine umfassende Darstellung der Dokumente notwendig ist, um die Verständlichkeit zu sichern.
Unternehmen sollten diese Rechtsprechung als richtungsweisend für die Handhabung von Auskunftsersuchen nach der DSGVO betrachten. Es wird deutlich, dass Unternehmen sorgfältig prüfen müssen, welche Informationen als personenbezogene Daten gelten und wie diese bereitgestellt werden sollen.
Leider wird die Beurteilung für Unternehmen weiterhin schwierig sein, da die Analyse, ob Dokumente sich ausschließlich auf den Betroffenen beziehen oder nicht, nicht immer eindeutig sein kann. Klar wird aber, dass der Betroffene durch seinen Auskunftsanspruch keinen Freifahrtschein auf sämtliche Dokumente hat. Diese Klarstellung ist für die weitere Bearbeitung solcher Auskunftsansprüche hilfreich.
Die Entscheidung betont die Notwendigkeit, die Anfragen auf personenbezogene Daten genau zu analysieren. Diese Präzisierung hilft Unternehmen, ihre Compliance-Strategien effektiver zu gestalten und gleichzeitig den Datenschutz zu gewährleisten.