Wir haben in Teil I zum § 327r BGB gesehen, dass die Definition der Änderung eines digitalen Produkts gar nicht so einfach ist. Denn es bedarf einer Abgrenzung zur bloßen Aktualisierung des digitalen Produkts, um die Vertragsmäßigkeit zu wahren.
In diesem Blog bespreche ich, welche Arten von Änderungen für digitale Produkte in Betracht kommen und ob diese unter die Voraussetzungen des § 327r BGB fallen.
1. Wahrnehmbarkeit der Änderung eines digitalen Produkts
Eine Änderung eines digitalen Produkts kann in unterschiedlichsten Formen erfolgen. Wir wissen zum Beispiel von Amazon, dass Amazon den Algorithmus bzgl. der sog. Buyer-Box gerne mal ändert und dass nicht eindeutig erkennbar ist, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Angebot an erster Stelle dargestellt wird.
Auch kann es zB sein, dass eine Funktion angepasst wird, wobei es nur um den Komfort der Handhabung geht, und somit die Schwelle der Aktualisierung überschritten wird. Sind denn diese Änderungen eines digitalen Produkts bereits Änderungen im Sinne der Norm des § 327r BGB?
Es kommt für § 327r Abs. 1 BGB nicht darauf an, ob eine Änderung für den Verbraucher günstig, neutral oder nachteilig ist, auch nicht, ob der Verbraucher die Änderung wahrgenommen hat. Das ergibt sich aus dem Umkehrschluss des § 327r Abs. 2 BGB, wonach der Unternehmer dem Verbraucher weitere Informationen mitteilen muss, sofern die Änderung des digitalen Produkts die Zugriffsmöglichkeit oder die Nutzbarkeit für den Verbraucher beeinträchtigt.
Entscheidend ist also die reine Änderung, unabhängig davon, ob sie wahrnehmbar ist, oder nicht. Es ist also anzunehmen, dass diese Änderungen in den Anwendungsbereich des § 327r BGB fallen.
2. Unterscheidung zwischen Aktualisierung und Änderung des digitalen Produkts
Nicht immer wird man eine klare Abgrenzung zwischen einer bloßen Aktualisierung des digitalen Produkts und eine Änderung erkennen können. Der Unternehmer könnte geneigt sein, auch Änderungen als Aktualisierung zu bezeichnen, um diese im Rahmen des § 327f BGB zu installieren, etwa, wenn der Vertrag nicht vorsieht, dass Änderungen am digitalen Produkt vorgenommen werden können oder wenn es keinen triftigen Grund hierfür gibt.
Wenn aber die Voraussetzungen einer Aktualisierung nicht gegeben sind, kommt nur die Änderung nach § 327r BGB in Betracht. Und der Unternehmer hat somit die Voraussetzungen der Änderung zu erfüllen.
Merke: Aktualisierungen sind verpflichtend. Änderungen sind freiwillig.
3. Berücksichtigung der subjektiven und objektiven Anforderungen
Sowohl eine Aktualisierung als auch eine Änderung des digitalen Produkts muss im Lichte des Produktmangels betrachtet werden. Warum das?
Wenn das digitale Produkt mit einer neuen Funktion ausgestattet wird, z.B. eine Autokorrektur bei einer Eingabe des Kunden, dann stellt sich die Frage, ob es sich um eine Funktion handelt, die der Kunde bei gewöhnlicher Verwendung bereits erwarten darf, weil es sich um eine übliche Funktion handelt. Somit ist nicht klar, ob es sich um eine erforderliche Aktualisierung handelt, oder um eine Änderung, die für den Kunden vorteilhaft ist.
Einfach wird es, wenn es sich um gesetzliche Anforderungen handelt, die umgesetzt werden müssen. So ist es für den Unternehmer seit dem 01.07.2022 verpflichtend, den Kündigungsbutton mit all seinen Funktionen bereitzuhalten. Die Kündigung eines Vertrags soll damit nach wenigen Klicks möglich sein, § 312 k BGB.
Hier wird man von einer Aktualisierung des digitalen Produkts ausgehen müssen, denn dem Unternehmer bleibt nichts anderes übrig, als die neue Gesetzeslage umzusetzen.
In Teil III werde ich besprechen, wann eine Änderung nach § 327r BGB erlaubt ist. Ich gehe darin auf die einzelnen Tatbestände ein.