Im Bereich des IT-Rechts kommt es vor dem tatsächlichen Vertragsschluss häufig zu Kostenvoranschlägen, weil die Kunden eine Abschätzung haben möchten.
In diesen werden verschiedene Leistungen und ein voraussichtlicher Gesamtbetrag für die Kosten aufgeführt. Dieser Artikel bietet einen Überblick darüber, ob ein Kostenvoranschlag verbindlich ist (I.), welche Pflichten sich für einen Unternehmer aus einem Kostenvoranschlag ergeben (II.).
- Verbindlichkeit des Kostenvoranschlages
Zunächst gibt es zwei Arten von Kostenvoranschlägen zu unterscheiden. Es ist generell möglich, einen Kostenvoranschlag verbindlich oder unverbindlich zu gestalten.
- Der verbindliche Kostenvoranschlag
Wurde im vorvertraglichen Verhältnis ein verbindlicher Kostenvoranschlag erstellt, ist dieser, wie der Name schon besagt, verbindlich. Mit anderen Worten kann das Unternehmen von dem Besteller höchstens die Summe aus dem Kostenvoranschlag verlangen. Es ist generell nicht notwendig, dass der ermittelte Betrag einen Eingang in den späteren Vertrag gefunden hat. Dieser Typ ist aber im IT- Recht eher selten. Es ist der Fixpreis.
- Der unverbindliche Kostenvoranschlag
Der unverbindliche Kostenvoranschlag im Werkvertragsrecht findet seine gesetzlichen Regelungen in § 649 BGB. Von einem unverbindlichen Kostenvoranschlag wird gesprochen, wenn die voraussichtlich entstehenden Kosten mitgeteilt werden und die Parteien diese zwar im Vertrag zugrunde legen, sie aber nicht als verbindliche Vergütung festlegen.
Dazu das Gesetz,
§ 649 BGB Kostenanschlag:
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
Der § 645 Abs.1 besagt stark vereinfacht, dass das IT- Unternehmen bei Überschreiten des Voranschlags den Anspruch auf eine den Voranschlag überschreitende Vergütung behalten, wenn der Kunde nicht kündigt. Kündigt er, muss der Kunde dem IT- Unternehmen trotz des Nichterreichens der Abnahmefähigkeit die bis zum Zeitpunkt der Kündigung entstehenden Löhne, Aufwände, etc. bezahlen.
Also ist es eminent wichtig, gegenüber dem Kunden deutlich zu kommunizieren, wann ein verbindlicher und wann einer unverbindlicher KVA vorliegt.
- Abgrenzung
Für die Abgrenzung, wann ein verbindlicher oder ein unverbindlicher Kostenvoranschlag vorliegt ist es nicht ausreichend den Kostenvoranschlag als „unverbindlich/ verbindlich“ zu bezeichnen. Vielmehr ist auch die konkrete Ausgestaltung entscheidend, der Inhalt und die Umstände sind auszulegen. Insbesondere im Bereich der Software- Entwicklung fällt es Unternehmern schwer, zu unterscheiden, ob ein Kostenvoranschlag verbindlich ist oder nicht. Maßgeblich ist, was in dem Kostenvoranschlag zugesichert wird.
Beispiel I: Ein Software- Entwickler unterschreibt einen Werkvertrag über die Erstellung einer Software, für die er 32 Stunden brauchen würde. Er arbeitet für einem Stundensatz von 300€/h. Der Kostenvoranschlag weist somit eine Gesamtbetrag von 9.600€ aus.
- Dies ist ein Beispiel für einen verbindlichen Kostenvoranschlag. Grund hierfür ist, dass die Entwicklung einer Software innerhalb von 32 Stunden für 9.600€ angeboten wird.
Beispiel II: Wie Beispiel I: Nur erklärt der Entwickler, er rechne nach Aufwand ab.
Es bleibt bei der Qualifikation eines verbindlichen Kostenvoranschlags. Die Aussage, er rechne nach Aufwand ab, bedeutet nur, dass nur die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen/ Kosten abgerechnet werden. Der Deckel von 9.6t€ bleibt verbindlich.
Beispiel III: Wieder wird ein Kostenvoranschlag für die Erstellung einer Software erstellt. Dieses mal weist der Kostenvoranschlag jedoch aus, dass die geschätzten Kosten sich von dem tatsächlich entstehenden Kosten stark unterscheiden können, weil auf Wunsch des Kunden keine ausreichende Planungsphase durchgeführt worden sei und nach dem Vertragsabschluss noch Änderungen der Planung vorgenommen werden könnten, die massiven Einfluß auf die Kosten hätten. Da die Abschätzung nur auf den vorläufigen Wünschen des Kunden basiere, sei die Abgabe einer verbindlichen Schätzung erst dann möglich, wenn die Planungsphase abgeschlossen sei.
- Dies wäre ein unverbindlicher Kostenvoranschlag. Es wird transparent darauf hingewiesen, warum eine verbindliche Aussage über die Kosten aktuell noch nicht möglich sei. Am besten ist es, wenn man den Kunden den Hinweis gibt, dass er eine verbindliche Abschätzung haben kann, wenn er eine Ausreichende Planung übergibt. Am besten, man lässt sich diesen Punkt unterschreiben oder weist nach, dass man während der Vertragsverhandlungen über diesen Punkt gesprochen hat.
Wichtig ist somit, dass aus dem gesamten Kostenvoranschlag hervor geht, woran sich die voraussichtlichen Kosten orientieren und dass diese Orientierung aus bestimmten Gründen aktuell nur nach bestem Wissen und Gewissen erfolgen kann.
- Pflichten des Unternehmers
Der Unternehmer hat im Wesentlichen drei wichtige Pflichten in Bezug auf einen Kostenvoranschlag:
Zum einen muss die Kalkulation des Kostenvoranschlages sorgfältig erfolgen.
Aufgrund des Know-how des Unternehmers setzt der Gesetzgeber voraus, dass Kosten sorgfältig kalkuliert werden. Kommt es zu einer wesentlichen Überschreitung des kalkulierten Preises, kommt eine vorvertragliche Pflichtverletzung des Unternehmers in Betracht. Eine solche führt wiederum zu Schadensersatzpflichten.
In welchem Fall eine Überschreitung maßgeblich ist, wird divers beurteilt. Wichtig ist, dass der Gesamtbetrag überschritten werden muss. Eine Überschreitung einzelner Positionen ist unerheblich.
Kommt es zu einer wesentlichen Überschreitung des Kostenvoranschlages, hat der Besteller das Recht zu kündigen. In diesem Fall trifft den Besteller keine Vergütungspflicht. Er hat lediglich gem. § 645 Abs. 1 BGB die geleistete Arbeit zu vergüten und einen Ersatz für in der Vergütung nicht enthaltende Auslagen.
Desweitern besteht eine Anzeigepflicht gem. § 649 Abs. 2 BGB.
Nach dieser muss der Unternehmer dem Besteller unverzüglich (maW: sofort) anzeigen, dass eine Überschreitung des Kostenvoranschlages droht.
Diese Anzeigepflicht dient in erster Linie dem Schutz des Bestellers. Er wird vor Nachteilen geschützt und die Ausübung seines Kündigungsrechts gesichert.
Einer Anzeige bedarf es lediglich in den Fällen nicht, in denen der Besteller weiß, dass der Kostenvoranschlag wesentlich überschritten wird, wenn also laufend Rechnung gestellt werden oder im PLA über die Kosten gesprochen wird.
Aus der Anzeigepflicht leitet sich die letzte wesentliche Pflicht ab.
Der Unternehmer muss die Kostenentwicklung stets beobachten und gegebenenfalls durch organisatorische Maßnahmen absichern.
Kommt er dieser Überwachungspflicht nicht nach, verletzt er eine Nebenpflicht aus dem Vertrag. Eine solche Verletzung begründet wiederum eine Schadensersatzpflicht.