Das neue Recht für digitale Produkte, Teil 2 Der Mangelbegriff

Teil 2  Der Mangelbegriff

Neu sind nicht nur die Regelungen für digitale Produkte, sondern auch der Begriff des Mangels im Kaufrecht, § 434 n.F.

1.) Grundsatz

Was neu ist, ist die Arithmetik des Rechts, die Gleichstellung zwischen dem subjektiven und dem objektiven Mangelbegriff.

Der subjektive Mangelbegriff besagt: Das, was als Leistungs- oder Produktmerkmal geschuldet ist, ist wesentlich durch den Parteiwillen zu bestimmen. Erst bei Lücken oder Fehlen einer solchen Vereinbarung der Parteien kam es auf die Frage an, welche Funktionen und Eigenschaften a.) objektiv erforderlich sind, um den Vertragszweck zu erfüllen oder b.) von Produkten gleicher Art und Güte zu erwarten sind. Das neue Recht stellt neue Kriterien für den objektive Mangelbegriff auf und besagt insbesondere, dass dieser dem subjektiven Mangelbegriff gleichwertig ist. Trocken gesagt ist das, was in der Leistungsbeschreibung gesagt wird ebenso wichtig, was nicht in der Leistungsbeschreibung steht aber nach Ansicht des Gesetzgebers vorausgesetzt werden darf. Nur durch eine Art Blacklist, die sich an den durch das Gesetz vorgegebenen objektiven Punkten orientiert und im Hinblick auf diese eine Art „Ausschlussliste“ bildet, kann man der Geltung der objektiven Kriterien entgehen. Ganz einfach beschrieben sind eben neben den Inhalten, die ausdrücklich vereinbart werden auch immer gleichwertig diejenigen Inhalte geschuldet, was aus der Perspektive des Gesetzgebers geschuldet ist, es sei denn, man hat diese ausdrücklich ausgeschlossen.

Die erste große Frage ist, welche Regelung ist wann anwendbar. Die §§ 434 n.F. sind anwendbar, wenn der Kaufgegenstand keine digitalen Elemente aufweist (Gartenbank) oder Mischformen (z.B. Alexa siehe hierzu die §§ 475a,475b ff. (Sachmängel von Produkten mit digitalen Elementen) und 475c BGB n.F.) und die §§ 327e sind anwendbar bei digitalen Produkten im Verbraucherverkehr.

2.) Begriff des Digitalen Produkts: Für unsere Zwecke vereinfachend gesagt Hardware, Software, technische Systeme, Cloud Services, Produkte, die dem Endkunden digital zur Verfügung gestellt werden.

3.) Das Recht unterscheidet zwischen den Produktmängeln (Sachmängeln) im § 327e BGB und dem Rechtsmangel im § 327e BGB.

Ich habe an anderer Stelle zu dem Mangelbegriff Stellung genommen, der dazu führt, dass Dinge, die das Produkt nicht aufweist deutlich in einer Art Blacklist aufgeführt werden müssen. Das Gesetz findet sich hier

Das digitale Produkt entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn

  1. Subjektive Elemente das digitale Produkt entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn es
  • die vereinbarte Beschaffenheit hat,
  • einschließlich der Anforderungen an seine Menge,
  • seine Funktionalität,
  • seine Kompatibilität
  • und seine Interoperabilität.
  1. sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet,

es eine Beschaffenheit, einschließlich der Menge, der Funktionalität, der Kompatibilität, der Zugänglichkeit, der Kontinuität und der Sicherheit aufweist, die bei digitalen Produkten derselben Art üblich ist und die der Verbraucher unter Berücksichtigung der Art des digitalen Produkts erwarten kann;

  1. es wie im Vertrag vereinbart mit Zubehör, Anleitungen und Kundendienst bereitgestellt wird

und

  1. die im Vertrag vereinbarten Aktualisierungen während des nach dem Vertrag maßgeblichen Zeitraums bereitgestellt werden.
  2. Äußerungen der Hersteller und Vorlieferanten werden dem Endlieferanten unter bestimmten Bedingungen zugerechnet.

Sämtliche dieser Tatbestandsmerkmale sind auslegungsbedürftig. Bei etlichen Punkten wird man als Praktiker schnell zu der Meinung gelangen, dass die Regelungen zwar gut gemeint sind, die Auslegung dessen, was tatsächlich gemeint ist, am Ende durch die Gerichte und damit durch Sachverständige bestimmt werden. Ich sagte schon an anderer Stelle, dass das neue Recht ein Geschenk für die Branche der IT Sachverständigen ist. Die Erstellung einer konsistenten Liste aller Produkteigenschaften ebenso wie die einer Liste nicht vorhandener Elemente dürfte dem ITl Unternehmen schwerfallen. Mal abgesehen davon, dass das Marketing nicht davon begeistert sein wird, in Zukunft angeben zu müssen, was man nicht könne.

So ist der Umfang dessen, was eine Funktion ist, nach dem Zweck des Vertrags zu bestimmen. Wann also ist eine Eigenschaftsbeschreibung der Funktionen rechtlich ausreichend?

Die Kompatibilität eines Produkts ist die Fähigkeit des Funktionierens im Verbund mit anderer Hard oder Software mit der die digitalen Produkte in der Regel genutzt werden; die Interoperabiltät ist die Fähigkeit, mit anderer Hard – und Software zu funktionieren, mit der das digitale Produkt in der Regel genutzt wird. Diesen Punkt bekommt man offen gestanden gut in den Griff, in dem man beschreibt, innerhalb welcher Systemumgebung die digitalen Produkte angewendet werden können und dann darauf hinweist, dass ein Funktionieren außerhalb dieses Bereichs nicht geschuldet ist.

Objektiven Kriterien

Gleichwertig ist geschuldet das Vorliegen derjenigen Funktionen und Eigenschaften,

  • deren Bestehen die Eignung für die gewöhnliche Verwendung bedingt;
  • das Vorhandensein der üblichen Beschaffenheit, die der Verbraucher erwarten kann;
  • die Übereinstimmung mit einer Testversion;
  • die Bereitstellungen von Aktualisierungen (sic. Updates) , die die vorgenannten Punkte auch während des Zeitraums der Aktualisierungspflicht gewährleisten (hierzu Teil 1).

Von den Vorliegen der objektiven Bedingungen kann nur abgewichen werden, wenn der Verbraucher vor Abschluss des Vertrags eigens auf das Fehlen einer solchen Anforderung hingewiesen wurde und diese Abweichung im Vertrag ausdrücklich vereinbart wurde.

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