Amazon haftet nicht für Markenverletzung, wenn nur Lagerung und Versand erfolgt (EuGH, Urteil vom 02.04.2020)

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 02.04.2020 (Az. C-567/18) entschieden, dass der Online-Plattformbetreiber Amazon nicht für Markenverletzungen haftet, sofern Amazon nur die Lagerung und den Versand der jeweiligen Waren vornimmt.

(Es gibt mehrere Unternehmen der Unternehmensgruppe Amazon. Der Einfachheit halber wird hier lediglich der Begriff Amazon verwendet. Tatsächlich waren hier die „Amazon Services Europe“ und die „Amazon FC Graben“ an dem Rechtsstreit beteiligt)

I. Sachverhalt

Eine Markeninhaberin mahnte einen Amazon-Händler ab, der Markenware ohne Einwilligung der Markeninhaberin über die Online-Plattform Amazon verkaufte. Da Amazon die Lagerung und den Versand vornahm, forderte die Markeninhaberin Amazon auf, die markenverletzenden Waren herauszugeben. Dieser Aufforderung kam Amazon auch nach. Die Markeninhaberin forderte Amazon anschließend auf, weitere Händler zu benennen, die die markenverletzenden Waren verkauften. Dieser Aufforderung kam Amazon nicht nach.

Da die Markeninhaberin der Ansicht war, dass das Verhalten von Amazon das Recht an der Klagemarke verletze, beantragte sie u. a., Amazon unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die markenverletzenden Waren zum Zweck des Inverkehrbringens zu besitzen, zu versenden oder zum Zweck des Inverkehrbringens besitzen oder versenden zu lassen, wenn die Waren nicht mit ihrer Zustimmung in den Verkehr der Union gebracht worden seien.

II. Entscheidung

Sämtliche Instanzen haben eine Markenverletzung durch Amazon konsequenterweise verneint, mit folgender Begründung.

Der EuGH prüfte, ob das bloße Lagern von Ware als „Benutzung“ bzw. „Besitzen“ im Sinne der hier zugrundeliegenden Markenrechtsverordnung (Art. 9 Abs. 1 der VO Nr. 207/2009 und Art. 9 Abs. 1 und 2 der VO 2017/1001) angesehen werden kann.

Es kam zu dem Ergebnis, dass für ein „Benutzen“ bzw. „Besitzen“ ein aktives Verhalten und eine unmittelbare oder mittelbare Herrschaft über die Benutzungshandlung vorausgesetzt werde.

Zudem hat der Gerichtshof in Bezug auf den Betrieb einer Online-Handelsplattform festgestellt, dass die Benutzung von mit Marken identischen oder ihnen ähnlichen Zeichen in Verkaufsangeboten, die auf einem Online-Marktplatz angezeigt werden, durch die als Verkäufer auftretenden Kunden des Betreibers dieses Marktplatzes, nicht aber durch diesen Betreiber selbst erfolgt.

Das bloße Lagern entspreche jedoch keiner aktiven Handlung, so dass eine Markenverletzung verneint werden muss. Anders wäre es nur dann zu beurteilen, wenn der diese Lagerung vornehmende Wirtschaftsteilnehmer selbst den mit diesen Bestimmungen verfolgten Zwecke des Anbietens von Waren oder ihres Inverkehrbringens verfolge, was vorliegend nicht der Fall war.

III. Einschätzung

Diese Entscheidung entspricht der herrschenden Meinung in Deutschland. Sofern tatsächlich nur eine reine Lagerhaltung vorliegt, liegt kein aktives Tun vor. Eine Markenverletzung ist somit zu verneinen. Ob dies in Sachen Amazon-Marketplace tatsächlich immer der Fall ist, werden sicher noch weitere Gerichtsentscheidungen konkretisieren. Insbesondere wird auch eine mögliche Störerhaftung weiterhin Probleme aufwerfen, gerade da Amazon seine Verkaufsstrategien regelmäßig anpasst und ändert.

Meines Erachtens wird dies jedenfalls nicht die letzte Entscheidung in Sachen Amazon gewesen sein.

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