GeschGehG: LG München zur Frage, wann ein Geheimnis nach dem GeschGehG schützenswert ist

Seit dem der Bundestag am 21.03.2019 das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) beschlossen hat, erhalten wir viele Anfragen zu diesem Thema.

Wir haben bereits in drei Blogs darüber berichtet, inwiefern das neue GeschGehG die IT-Branche beeinflussen wird, welche Maßnahmen zu ergreifen sind und welche Risiken bestehen.

Nun gibt es erste Gerichtsentscheidungen hierzu,, von denen wir uns eines einmal ansehen wollen.

Das LG München hat sich mit Beschluss vom 13.08.2019 (Az. 7 O 3890/19) zu den Darlegungs- und Beweislasten eines Geschäftsgeheimnisses geäußert.

Der Sachverhalt kurz erzählt

Dabei ging es ursprünglich um ein Patentverfahren, in welchem mehrere Streithelfer beteiligt waren. Einer der Streithelfer (Nebenintervenient) hat nun vollständige Akteneinsicht beantragt. Die Klägerin wollte dies mit dem Einwand verhindern, dass darin ein Verstoß gegen das GeschGehG liege, und wollte einzelne Unterlagen nur freigeben, wenn diese geschwärzt werden würden oder eine Geheimhaltungsvereinbarung abgegeben werden würde.

Bei den Unterlagen handelte es sich um einen Lizenzvertrag und um zwei Studien, für die die Klägerin Urheberrechte geltend machte und welche nur gegen Bezahlung an Dritte weitergegeben werden durften.

Nun handelt es sich bei dem Streithelfer um eine Person, die aktiv am Verfahren beteiligt ist, so dass ihr grundsätzlich Akteneinsicht gewährt werden muss. Das OLG Düsseldorf hat in einem solchen Fall bereits am 25.04.2018 (Az. I-2 W 8/18) beschlossen, dass die Akteneinsicht nur dann beschränkt werden könne, wenn

  • der Kläger Dokumente zu den Akten gelegt hat, die geheimhaltungsbedürftig sind,
  • er zuvor bereits mit dem Beklagten eine Geheimhaltungsvereinbarung geschlossen habe,
  • und der Streithelfer erst später dazu gekommen ist, so dass der Kläger nicht vorhersehen konnte, dass sich eine weitere Person am Verfahren beteiligt.
  • Hinzu kommt, dass der Kläger sein Geheimhaltungsinteresse begründen können müsse,
  • Der Streithelfer muss sich weigern, eine Geheimhaltungsvereinbarung zu unterschreiben, und
  • Der Streithelfer kann diese Weigerung nicht hinreichend begründen.

In dem Fall vor dem LG München stellte sich nur noch die Frage, ob das Geheimhaltungsbegehren der Klägerin berechtigt gewesen war, wobei hier § 20 Abs. 3 GeschGehG anzuwenden sei.

Die Entscheidung des LG München

Ein Geheimhaltungsbegehren setze voraus, so dass LG München, dass

  • die vertraulichen Informationen identifiziert werden können müssen,
  • dass es sich um schützenswerte Informationen handeln würde, und
  • warum es schützenswerte Informationen sind.

Der Geheimnisinhaber muss konkrete Maßnahmen ergreifen, um diese Kriterien zu erfüllen. Es genügt nicht, im Nachhinein zu behaupten, es handele sich um schützenswerte Informationen. Vielmehr müssen die Maßnahmen nun schon vorher ergriffen werden, in diesem Fall also bereits zu Prozessbeginn.

Das ist aber noch nicht alles

Der Geheimnisinhaber muss zudem auch darlegen, welche Nachteile im Falle des Bekanntwerdens drohen und wie wahrscheinlich der Eintritt dieses Nachteils ist.

Das LG München begründete diese hohen Anforderungen damit, dass der Prozessgegner/Streithelfer gegebenenfalls eine Vereinbarung mit einer Vertragsstrafe vereinbare, und er daher erkennen müsse, wie schutzbedürftig die jeweilige Information sei.

Bei dem Lizenzvertrag z.B. seien viele Inhalte in der mündlichen Verhandlung auch gegenüber dem Streithelfer besprochen worden, so dass hier bereits kein Geheimhaltungsinteresse mehr bestehen könne.

Auch die Tatsache, dass die Klägerin die beiden Studien nur gegen Entgelt herausgebe, sei kein Grund für ein besondere Geheimhaltungsinteresse. Ihr liegt somit der Schutz Ihres geistigen Eigentums im Vordergrund und nicht das geheimhalten der Inhalte. Hier hätte die Klägerin weiteren Vortrag beibringen müssen.

Kommentar

Die von dem LG München genannten Kriterien geben erste Anhaltspunkte, wie der Geschäftsgeheimnisinhaber mit geheim zuhaltenden Informationen umgehen muss. Er muss sich von Anfang an Gedanken machen, wie er die Geheimhaltung kennzeichnet, und bestenfalls vertraglich regelt. In der IT-Branche kommt es eher selten zu einem Prozess, vielmehr werden Streitigkeiten häufig außergerichtlich verglichen. Sollte es aber vor Gericht gehen, so ist dem Geheimnisinhaber, zum Bsp. dem Hersteller einer Software, sehr zu empfehlen, sich um entsprechende Maßnahmen zu kümmern, wie z.B. eine Quellcodehinterlegung (Escrow).

 

 

 

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