Dieser Blog hört sich zunächst hoch theoretisch an, ist er aber nicht. Viele Unternehmen versuchen die administrativen Aufwände in der Verwaltung von Verträgen mit dem Kunden zu mindern. Bsp: Ein Kunde schließt zunächst einen Vertrag ab, vier Server in einem Backup as a Service zu sichern und möchte diesen Vertrag nach 3 Monaten auf weitere vier Rechner erweitern. Hier sollen keine Dokumente mehr ausgetauscht werden, sondern eine schlichte Nachricht des Kunden per Mail soll in einem automatisierten System ausreichen. Die Probleme entstehen auf der juristischen Seite. Kann ein automatisiertes System tatsächlich Angebote- oder Annahmeerklärungen generieren?
Das BGB stammt vom 1.1.1900 und fußt auf dem römischen Recht. Es geht davon aus, daß ein Mensch eine Erklärung abgibt, mit der eine rechtliche Gestaltung vorgenommen wird. Juristen nennen diese Erklärungen Willenserklärungen. Willenserklärungen können auf den Abschluss eines Vertrags gerichtet sein, dann sprechen wir von Angebot oder Annahme oder auf die Änderung eines Vertrags gerichtet sein, wie z.B. Erklärungen zur Geltendmachung des Rücktritts, der Minderungen etc. Die erste Anforderung, die ein automatisiertes System erfüllen muss, um juristisch belastbare Ergebnisse zu produzieren, ist die Zurechenbarkeit einer Willenserklärung zu den Handlungen einer bestimmten natürlichen Person. Der Prozess, der eine Willenserklärung generiert, muss einem Menschen zurechenbar sein. Eine Unterschrift unter einem Dokument dient nichts anderem als dieser Zurechnung, es transparent zu machen. Und: Der Prozess darf nur dann zustande kommen, wenn ein Mensch im Einzelfall den Prozess in Gang gesetzt hat oder klare und konkrete Bedingungen für den Start des Prozesses gesetzt hat. Bsp: Nur wenn ein Vertrag abgeschlossen ist und die neuen Server alle den Typ X und die zu speichernde Menge der Daten pro Tag nicht größer sind als X TB, und der Preis für diese Handlung nicht mehr als Y ist, erstelle ein automatisches Angebot, dass das IT- Unternehmen annehmen darf. Wobei auch das IT- Unternehmen auch die Bedingungen frei definieren darf. Dieser Wille zur Abgabe einer Erklärung muss klar einem Menschen zugeordnet werden können.
Das zweite Thema ist: Alle automatisierten Systeme haben die rechtlichen Bedingungen des Fernabsatzgesetzes (E-Commerce) zu beachten. Bedeutet, daß man sicherstellen muss, daß der Kunde noch die Möglichkeit hat, Irrtümer zu verändern. Eine komplette Automatisierung müsste als zweite Anforderung bedeuten, daß der Kunde über jeden automatisierten Vorgang eine Kenntnis erhält und man ihm die Möglichkeit gibt, Irrtümer zu korrigieren, bis eine Kostenpflicht oder ein anderer Nachteil für ihn entsteht. Die Fristen, bis zu welchem der Kunde solche Willenserklärungen korrigieren können muss, sind so zu gestalten, daß sie mit den gesetzlichen Anforderungen übereinstimmen. Nicht etwa kann man in den Nutzungsbestimmungen für automatisiert erstellte Willenserklärungen Regelungen aufnehmen, nach deren Inhalt die Erhebung von Einwänden oder Einreden schlicht nicht möglich ist. Die Nutzungsbestimmungen selbst müssten gesetzeskonform sein.
Bedeutet zusammengefasst: Der Prozess eines automatisierten Systems zur Generierung von Willenserklärungen muss so gestaltet sein, daß der Wille, eine Erklärung abzugeben, einem Menschen (dem Mitarbeiter des Kunden) zurechenbar sein muss und der Mensch muss in der Lage sein muss, Irrtümer zu korrigieren, bevor Lasten für den Kunden ausgelöst werden.