Vornamen werden häufig und gerne verwendet, um Produkte oder Produktserien zu bezeichnen. Das ist für den Kunden einfacher zu merken, als eine komplizierte Produktnummer. Alle kennen zum Beispiel das „Billy-Regal“ von Ikea oder die „Uncle Sam – Hosen“.
Auch in Deutschland gibt es eine Wortmarke „SAM“, die seit 1991 im deutschen Markenregister für Bekleidung eingetragen ist.
In dem hier besprochenen Fall hat der BGH sich zur Frage geäußert, ob die Verwendung von Vornamen als Modellbezeichnung vom angesprochenen Verkehr als Marke erkannt werden kann (Urteil vom 07.03.2019 – Az. I ZR 195/17 in: GRUR 2019, 522).
Im vorliegenden Fall wurden in einem Online-Portal Jeanshosen einer Firma unter der Bezeichnung „EUREX BY BRAX“ angeboten. In der stichpunktartigen Beschreibung einer Jeanshose fand sich die Angabe: „Modell: Sam“.
Es ist nicht unüblich, dass Hersteller für ihre Produkte sog. „Zweitmarken“ verwenden, das heißt, die Produktserie wird unter einer Hauptmarke vertrieben, und die einzelnen Produkte dieser Serie erhalten einen „Zweitnamen“. In unserem „Billy-Regal“ Beispiel wäre die Hauptmarke „Ikea“ und die Zweitmarke „Billy-Regal“.
Das war auch das Argument der Klägerin, die Inhaberin der Marken: „SAM“.
Die Vorinstanzen, das Landgericht Frankfurt aM und das Oberlandesgericht München, haben in dem Angebot der Beklagten eine Verletzung der Markenrechte der Klägerin erkannt. Sie haben gemeint, dass die Beklagte die Bezeichnung „Modell:Sam“ nicht nur beschreibend verwendet habe, sondern der angesprochene Verkehr darin eine Zweitmarke erkenne.
Die Beklagte ließ das Urteil des OLG Frankfurt aM nicht auf sich sitzen und legte Revision an.
Die wichtigsten Urteilsgründe zusammengefasst:
„Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte mit der Benutzung des Zeichens „Sam“ ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Klagemarke identisches Zeichen für Waren benutzt hat, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt.“
„Die Beklagte hat das Zeichen „Sam“ ohne Zustimmung des Inhabers der Klagemarke benutzt.“
„Die Beklagte hat das Zeichen „Sam“ im geschäftlichen Verkehr benutzt.“
„Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang dem Umstand, dass die in Rede stehende Jeanshose unter der Marke „EUREX BY BRAX“ vertrieben wird, zu Recht keine Bedeutung beigemessen. Dieser Umstand steht der Annahme der Zeichenidentität nicht entgegen. In den angegriffenen Angeboten besteht zwischen der Marke „EUREX BY BRAX“ und dem Zeichen „Sam“ keine räumliche Verbindung, durch die der angesprochene Verkehr zu der Annahme gelangen kann, es bestehe ein einheitliches Zeichen „EUREX BY BRAX Sam“.“
„Das Berufungsgericht hat der Klagemarke allein das Zeichen „Sam“ gegenübergestellt. Es ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der vorangestellte Begriff „Modell“ und der nachfolgende Doppelpunkt als rein beschreibender Zusatz vollständig hinter „Sam“ zurücktreten und auf den Gesamteindruck keinen Einfluss haben.“
„Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Benutzung des Zeichens „Sam“ durch die Beklagte habe die Herkunftsfunktion der Klagemarke „SAM“ beeinträchtigt, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.“
„Nach der Rechtsprechung des Senats liegt eine beeinträchtigende Benutzung des Zeichens vor, wenn es durch den Dritten markenmäßig oder – was dem entspricht – als Marke verwendet wird und diese Verwendung die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.“
„Bei der Beurteilung, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht und in der konkret in Rede stehenden Verwendung eines Zeichens einen Herkunftshinweis sieht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen.“
„Die Revision hat jedoch im Ergebnis Erfolg, weil das Berufungsgericht im Streitfall keine für seine Annahme einer markenmäßigen Verwendung des Zeichens „SAM“ tragfähigen Feststellungen getroffen hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt für die Annahme einer kennzeichenmäßigen Verwendung eines Zeichens nicht, dass das Zeichen originär unterscheidungskräftig ist und die konkrete Verwendung nicht glatt beschreibend erfolgt. Die Tatsache, dass ein Zeichen vom angesprochenen Verkehr als Herkunftshinweis für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen und damit als Marke erkannt wird, muss anhand der Umstände des Einzelfalls positiv festgestellt werden. An solchen Feststellungen fehlt es.“
„Nach der noch zum Warenzeichenrecht ergangenen Rechtsprechung des Senats kommt es für die Frage der zeichenmäßigen Benutzung eines Zeichens nicht auf dessen Zweckbestimmung durch den Verwender, sondern allein darauf an, ob der angesprochene Verkehr das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht.“
„Abzustellen ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden. Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten. Ob der Verkehr ein auf einem Bekleidungsstück angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft des Bekleidungsstücks oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren. Dagegen wird der Verkehr in Zeichen, die sich auf eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken befinden, regelmäßig einen Herkunftshinweis sehen.“
„Erforderlich ist jedoch in jedem Einzelfall die Feststellung, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt. Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil nicht gerecht.“
„Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass einer markenmäßigen Verwendung eines Vornamens entgegenstünde, wenn dieser Vorname von mehreren Herstellern für ihre Bekleidungsstücke als Modellbezeichnung verwendet würde und dies dem angesprochenen Verkehr geläufig wäre. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gilt dies jedoch nicht für den Namen „Sam“, der den deutschen Verkehrskreisen zwar als Vorname geläufig ist, jedoch nicht als Modellbezeichnung unterschiedlicher Hersteller.“
„Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts rechtfertigt allein der Umstand, dass eine rein beschreibende Verwendung des Zeichens „Sam“ nicht festgestellt werden kann, nicht die Annahme seiner kennzeichenmäßigen Verwendung. Bei der Verwendung eines mit einer Marke identischen Zeichens als Produkt- oder Modellbezeichnung muss im Verletzungsverfahren vielmehr positiv festgestellt werden, ob der Verkehr darin einen Herkunftshinweis für die in Rede stehende Ware sieht.“
„Der Umstand, dass der angesprochene Verkehr die Übung in der Textilbranche kennt, für Bekleidungsstücke neben der Erstmarke Vornamen in Katalogen, Preislisten und Dekorationen zu verwenden, führt ebenfalls nicht zwingend zu der Annahme, dass ein Vorname in einem Angebot für ein Bekleidungsstück in jedem Fall als Herkunftshinweis erkannt wird. Die Gewöhnung des Verkehrs an die Verwendung von Zweitkennzeichen spricht für sich allein gleichfalls nicht dafür, dass im konkreten Fall das Zeichen „Sam“ als Zweitmarke erfasst wird. Der Senat hat es bei besonders häufig vorkommenden Vornamen für möglich gehalten, dass die Annahme einer zeichenmäßigen Benutzung ausgeschlossen ist, weil der Verkehr sie als bloße Modellbezeichnungen und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis versteht. Daraus kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass weniger gebräuchliche Vornamen wie der Vorname „Sam“ unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls stets als Herkunftshinweis verstanden werden.“
Keine abschließende Entscheidung
Der BGH hat die Sache zurück an das OLG Frankfurt aM verwiesen. Das OLG Frankfurt aM muss nun abschließend Feststellungen zum maßgeblichen Verkehrsverständnis treffen, sprich, dazu, ob der Verkehr in der Verwendung des Zeichens „Sam“ in der in Rede stehenden Konstellation einen Herkunftshinweis erkennt.
Die wichtigsten Aussagen des Urteils
Vornamen können als Marke verwendet und als Herkunft verstanden werden. Hierzu kommt es auf die Anbringung des Zeichens an dem jeweiligen Produkt an. Außerdem kommt es auf die Gewohnheiten in der jeweiligen Branche an, wie diese ihre Produkte grundsätzlich kennzeichnet. Gerade in der Modebranche ist die Verwendung von Vornamen für das jeweilige Bekleidungsstück üblich. Um als Herkunftszeichen zu fungieren, darf der jeweilige Name aber nicht von mehreren Bekleidungsherstellern oder Vertrieblern verwendet werden. Wie das im Einzelfall funktionieren soll, bleibt spannend. Im Ergebnis ändert dieses Urteil nichts an der Gefahr, in eine Markenverletzungs-Falle zu geraten, wenn man sich entscheidet, einen schönen Vornamen für seine neueste Bekleidungskreation zu verwenden.
Vorsicht ist auch bei mittlerweile bekannten Marken geboten. Gerade die Verwendung „Sam“ war von Beginn an ein riskanter Schachzug. Man darf gespannt sein, wie das OLG Frankfurt aM das Verständnis des Verkehrs in Bezug auf den Herkunftshinweis bewerten wird.