IT Recht: Rechtliche Aspekte des Prototyping Teil 3

III. Abnahme, Changes und vereinbarte Beschaffenheit

Ganz wichtig: Die vereinbarte Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB ist der Prototyp am Ende des letzten Zyklus plus die Dokumentation am Ende des letzten Zyklus. Nichts anderes. Und dieses ist auch so in dem Vertrag festzulegen. Der BGH sagt im Baurecht, dass entscheidend immer die letzte Dokumentation ist, die die Parteien im Rahmen der Planungsphase verfasst haben. Diese Rechtsprechung wird von vielen meiner Kollegen aber nicht beachtet. Diese wollen abnehmen lassen gegen das Lastenheft und den Prototypen und sämtliche Dokumentation. Das aber stellt die Projektmethode, die im Grunde genommen eine Variante des V- Models ist, auf den Kopf. Die Zyklen dienen dazu, die Vorstellungswelt der Anwender des Kunden und den Ist-Zustand der Software aneinander anzunähern. Wenn man jetzt die Abnahme gegen das Lastenheft oder Vorversionen des Prototypen oder gegen blumige Aussagen in der Präambel oder andere Stellen des Vertrags zulässt, führt man die Projektmethodik des Prototyping, für sich genommen ad absurdum. Denn dann käme es ja nicht nur darauf an, was der Prototyp im letzten Zyklus kann, sondern auch auf alles, was sich der Kunde vorher gedacht hat und nicht dokumentierte. Mit anderen Worten: dem Thema Changes ist jetzt jedes Tor geöffnet. Deswegen muss das IT- Unternehmen dem Kunden erklären, dass seine Mitwirkungspflicht darin besteht, den Prototypen sorgfältig zu testen und sorgfältig die Änderungswünsche zu dokumentieren.

Alles was nicht in dieser Dokumentation enthalten ist, kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr im Rahmen des ursprünglichen Werkvertrages berücksichtigt werden, sondern nur noch als Change behandelt werden.

Der Vorteil des Prototypings besteht darin, daß

a.) keine ausführlichen Dokumentationen über den Ist Zustand der Software erstellt werden müssen; der Ist Zustand ergibt sich aus dem Prototyp und der vom Kunden angefertigten Dokumentation

b.) die Dokumentation über die Änderungen des Ist Zustands vom Kunden angefertigt werden. Das ist sicher ein großer Vorteil. Der schwierige Schritt zu wissen, was die Mitarbeiter des Kunden wollen ohne dies artikulieren zu können, entfällt. Aber: Die Usercases dürfen ausschließlich von Mitarbeitern des Kunden angefertigt werden, nicht von den Mitarbeitern des IT- Unternehmens. Gemeinsame Workshops würden dieses Konzept schon wieder verwässen.

Und noch einmal deutlich gesagt: Die Führung des Kunden durch diesen Projektzyklus und das klare „immer wieder Daraufhinweisen“, welche Bedeutung die Mitarbeit an dem Testen des Prototypen und an der Erstellung der Dokumentation der Änderungswünsche hat, ist eine der wesentlichen Vertragspflichten des IT- Unternehmens.

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