IT Recht Abnahme von Software

Abnahme:

Die Abnahme ist für viele Punkte des Werkvertragsrechts ein zentrales Element.

Bedeutung der Abnahme:

Beginn der Gewährleistung

Die immer wieder vom Schrifttum hervorgehobene Bedeutung der Abnahme für den Fristbeginn der Gewährleistung ist in der Praxis nicht so groß. Jedenfalls dann nicht, wenn es darum geht zu beurteilen, ob technische Fehler als Mängel zu qualifizieren sind und deshalb Funktionsstörungen kostenlos zu beseitigen sind.

Wie an anderer Stelle in den Blogs hervorgehoben, wird die Bedeutung der Gewährleistung aus der Erstellung von Software häufig überschätzt, weil sich die Systemumgebung, in der die Software funktionieren können soll, nach Abnahme nahezu permanent verändert und der Hersteller der Software keine Gewährleistung dafür übernimmt, daß die Software in jedweder Systemumgebung gut funktioniert. Zwischen 70% bis 80% aller Funktionsstörungen der Software werden durch Inkompatibilitäten mit der Systemumgebung verursacht.

Die Abnahme würde so gesehen nur den Zeitpunkt bestimmen, ab dem die Softwarepflegeverträge und die Softwaresupportverträge beginnen müssen.

Abnahme wegen Sicherheit über die Antwort auf die Frage ob echter- oder / unechter Change:

Die Frage „echter Change / unechter Change?“ verjährt aber natürlich nach einiger Zeit. Zu meiner Terminologie: Echte Changes sind Änderungen des ursprünglichen Vertragsinhalts und beide Parteien sind sich einig, daß es sich wirklich um eine Änderung des Ursprünglichen handelt. Unechte Changes sind Änderungen des ursprünglichen Vertragsinhalts, wobei beide Parteien keine Einigkeit darüber haben, ob sich die meist nachträglich aufgetretenen Erkenntnisse des Kunden als Änderung des Ursprünglichen charakterisieren lassen (müssen) oder konkludent zu dem Ursprünglichen gehörten, aber nicht dokumentiert wurden (Beispiel:“es ist doch selbstverständlich, daß diese Funktionen enthalten sind, auch wenn es nicht im  Pflichtenheft steht“).

Und hier spielt die Abnahme eine Rolle. Wenn der Kunde die Software abnimmt, erledigen sich diese Fragen.

Versicherung:

Ganz spannend ist die Frage der Abnahme für die Versicherung. Solange die Software nicht abgenommen ist, sprechen die meisten Versicherungen von einem „Vertragserfüllungsanspruch“ und zahlen nicht. Gemeint ist: Die Versicherungen wollen nicht dafür haften, daß die Software nicht wie vereinbart fertiggestellt wird. Sobald die Software aber fertiggestellt ist, treten die Versicherungen ein.

Fälligkeit der Vergütung:

Die restliche Vergütung ist mit der Abnahme fällig.

Ausschluß von Rechten hinsichtlich bekannter, nicht vorbehaltener Mängel:

Dies hat im Rahmen von Software nur eine Bedeutung für kleinere (unwesentliche) Fehler, bei denen die Parteien davon ausgehen, daß diese Fehler im Rahmen von späteren Releases behoben werden sollen.

 

Prozeß:

Die Abnahmefähigkeit ist von dem IT-Unternehmen anzuzeigen. Wegen § 271a BGB hat der Kunde nachfolgend maximal 30 Tage Zeit, um die Abnahme durchzuführen. Ganz ausnahmsweise sind es 60 Tage.

Was ist eine Abnahme?

Die Abnahme ist die körperliche Hinnahme im Wege der Besitzübertragung durch den Besteller, verbunden mit der Erklärung, daß die Leistung als in der Hauptsache vertragsgemäß anerkennt. Die Anerkennung muß stillschweigend oder ausdrücklich erfolgen.

(Zu liefern sind) Ablauffähiger Code und Dokumentation:

Abzuliefern ist immer auch eine Dokumentation (Bedienungsanleitung) für den erstellten Code, falls dieses nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde, es sei denn, der Kunde hat dem Verzicht auf eine Bedienungsanleitung zugestimmt. Die Dokumentation kann nach dem Abschluß der Realisierung erstellt werden.

Konkludente Abnahme:

Die Abnahmeerklärung kann explizit oder konkludent geschehen. Konkludent bedeutet, daß dem Verhalten des Kunden der Erklärungswert beigemessen wird, er erteile die Abnahme. Wann das Verhalten des Kunden eine solche Deutung zulässt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Rügelose Nutzung über einen längeren Zeitraum lässt eine solche Deutung zu. Falls der Kunde aber erklärt, die Software nur zu nutzen, weil sonst noch größere Schäden entstehen würden, kann man nicht von einer konkludenten Abnahme ausgehen. Das gilt insbesondere dann, wenn zwischen dem Kunden und dem IT- Unternehmen viel über Fehler und Mängel kommuniziert wird.

Wenn der Kunde keine explizite Abnahme erklärt, dann muß man ihm mit einem gesonderten Schreiben darauf hinweisen, daß man ein bestimmtes Verhalten als Abnahme qualifiziert. Dieses Schreiben muß dem Kunden auch zugehen.

Typische Fragen aus den Seminaren sind:

Ist z.B. die Zahlung der Rechnung ein Zeichen für die Erklärung der Abnahme? Nein.

Kann man per AGB fingieren, daß ein bestimmtes Verhalten des Kunden als Abnahme gilt? Nein.

Kann man den Kunden dazu zwingen, die Abnahmeerklärung abzugeben? Ja, per Klage. Wenn der Kunde die Abnahmeerklärung nicht abgibt, kann das IT- Unternehmen den Vertrag entweder kündigen (passiert in der Praxis eigentlich niemals) oder von dem Vertrag zurücktreten und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (passiert praktisch auch kaum jemals).

 

 

 

 

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