Internet-Sachverhalte bestimmen in den vergangenen Jahren mehr und mehr das Markenrecht. Immer neue Anwendungen und die stetig wachsende Bedeutung von Online-Marktplätzen führen auch immer wieder zu markenrechtlichen Konflikten. Entscheidungen der Gerichte in München in zwei parallelen Verfahren betrafen die Suchfunktion auf der Plattform amazon.de, sind aber auch für andere Online-Händler relevant (LG München I, Urteil vom 18.08.2015 – 33 O 22637/14; OLG München, Beschluss vom 26.10.2015 – 29 W 1861/15). Ganz ähnlich entschied in einem vergleichbaren Fall nun auch das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 11.02.2016 – 6 U 16/15).
Die Klägerin bzw. Antragstellerin der Münchener Verfahren war Inhaberin der Marke „ORTLIEB“. Sie vertreibt unter dieser Bezeichnung Taschen und andere Transportbehälter. In Frankfurt hatte die Inhaberin der Unionsmarke „Fatboy“ für Sitzsäcke geklagt. Beide Markeninhaberinnen störten sich daran, dass auf der Internet-Verkaufsplattform amazon.de bei Eingabe der jeweiligen Marke als Suchbegriff nicht nur eigene Produkte, sondern auch Waren der Konkurrenz in der Trefferliste angezeigt wurden. Die Verfahren gegen verschiedene amazon-Gesellschaften hatten Erfolg.
Die angerufenen Gerichte sahen durch die Gestaltung der Suchfunktion die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt. Denn der Verbraucher erwarte bei Eingabe einer bestimmten Marke in die Suchmaske, dass ihm entweder ausschließlich Produkte dieser Marke oder aber – wenn diese nicht verfügbar sei – eine Fehlermeldung angezeigt würde. Würden stattdessen auch oder ausschließlich Konkurrenzprodukte angezeigt, würde diese Verkehrserwartung enttäuscht. Außerdem werde die Lotsenfunktion der Marke gezielt dafür eingesetzt, die potentiellen Käufer auch auf Drittangebote aufmerksam zu machen.
Das LG München I grenzt diese Erwägungen bewusst ab von den zahlreichen Entscheidungen zum sog. Keyword Advertising. Denn dabei würden zwar auch Konkurrenzangebote neben dem abgefragten Markenprodukt angezeigt. Allerdings geschehe dies in einer eigenen, als „Anzeigen“ gekennzeichneten Spalte der Trefferliste. In der eigentlichen Anzeige der besten Suchergebnisse dürfe der Verkehr ausschließlich „echte“ Treffer, also Angebote der jeweiligen Markenwaren erwarten.
Ob die Konstellationen wirklich zwingend so unterschiedlich sind, darf bezweifelt werden. Die Begründung für die Zulässigkeit des Keyword Advertising liegt jedenfalls immer auch darin, dass es dem Wettbewerb diene und daher im Interesse des Verbrauchers sei auch Alternativen angezeigt zu bekommen. Es sollte daher möglich sein, auch in Online-Shops durch entsprechende Gestaltung die „echten“ Treffer von den Alternativ-Angeboten so zu trennen, dass eine Kennzeichenverletzung ausgeschlossen ist. Vielleicht entwickelt sich daraus ein neues Verdienstmodell für die Shop-Betreiber, die von Anbietern ähnlich wie Google Geld für eine Platzierung in Trefferlisten der Konkurrenz (freilich gekennzeichnet als Anzeige) verlangen könnten.
Fürs Erste aber sollten vorsichtige Betreiber von Online-Shops darauf achten, dass bei Eingabe einer Marke auch nur Produkte dieser Marke angezeigt werden. Ansonsten drohen zumindest bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage kostenpflichtige Abmahnungen betroffener Markeninhaber. Kleinere Händler könnten sich unter Umständen auch dem Rauswurf aus selektiven Vertriebssystemen ausgesetzt sehen.