Wer selbstgefertigte Fotos von Produktverpackungen z.B. im Rahmen einer ebay-Auktion online stellt, begeht eine Urheberrechtsverletzung. Kann nicht sein? Kann doch sein – jedenfalls nach einer tatsächlich rechtskräftigen Entscheidung des AG Kassel (AG Kassel, Urteil vom 22.05.2015 – 441 C 11/15). Eine Entscheidung, die hoffentlich ihrerseits keine Nachahmer findet.
Darum ging’s: Der Beklagte hatte Originalprodukte erworben, um diese dann in Internetauktionen weiter zu vertreiben. Um die Produkte im Internet darzustellen, hatte er die Originalverpackungen fotografiert und diese Bilder online gestellt. Hieran störte sich ein Fotograf, der seinerseits Fotografien für die Gestaltung der Verpackung gefertigt hatte. Er sah seine Urheberrechte verletzt, mahnte erfolglos ab und klagte deswegen schließlich.
Das Gericht gab dem Fotografen Recht und verurteilte den Internet-Händler zu Unterlassung und Schadensersatz. Denn, so sah es das Gericht, es wäre dem Händler zuzumuten gewesen, die Produktdarstellung so zu gestalten, dass die Bilder auf der Originalverpackung nicht mit abgebildet worden wären. Im Klartext: Der Händler hätte die Produkte aus der Verpackung herausnehmen und dann abbilden sollen.
Dass die Produkte danach nicht mehr ohne Wertabschlag vermarktbar gewesen wären, sah das Gericht nicht bzw. maß diesem Umstand keine entscheidende Bedeutung zu. Vielmehr versuchte sich das AG Kassel an einer Abgrenzung seiner Entscheidung zur höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ein Versuch, der nicht überzeugt.
Denn der BGH hat bereits vor gut 15 Jahren entschieden, dass das Recht auch urheberrechtlich geschützte Waren weiter zu vertreiben auch die werbliche Ankündigung hierzu umfasst. Gegenstand der Entscheidung damals waren Parfümflakons, die als Form urheberrechtlich geschützt sind. Auch in der damaligen Entscheidung ging es um die Abbildung dieser Flakons im Rahmen der Werbung.
Auch verkennt das Gericht ganz grundsätzlich den Umfang des sogenannten Erschöpfungsgrundsatzes im Urheberrecht. Dieser besagt, dass ein Urheber es nicht verbieten kann, dass Werke, die einmal mit seiner Zustimmung in den Markt gelangt sind, weiter vertrieben werden.
Die Entscheidung des AG Kassel führte – würde sie von anderen Gerichten aufgegriffen – dazu, dass Hersteller ihre Vertriebswege praktisch vollständig kontrollieren könnten, würden sie nur dafür sorgen, dass auf der Verpackung urheberrechtlich geschützte Werke wie z.B. Fotos an prominenter Stelle platziert würden. Dies schränkte die Warenverkehrsfreiheit in kaum noch akzeptabler Weise an.
Deswegen bleibt nur zu hoffen, dass die Entscheidung keine Nachahmer finden und nicht für größere Unruhe sorgen wird.