Die private Nutzung dienstlicher Geräte und Kommunikations-Tools ist in vielen Unternehmen heiß diskutiert. Strikte Verbote werden oftmals ausgesprochen, aber selten kontrolliert. Ärger gibt es in solchen Fällen meist erst dann, wenn der Arbeitgeber Einblick in die Kommunikation nehmen will oder muss. Letztlich entscheidet hier der Einzelfall. Eine gute Nachricht aber kommt aus Strasbourg: Denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat der Auswertung dienstlicher Kommunikations-Tools zumindest seinen grundsätzlichen Segen erteilt (EuGH, Entscheidung vom 12.01.2016 – 61496/08).
Darum ging’s: Ein Unternehmen in Rumänien hatte über interne Regularien die private Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses sowie sämtlicher, den Mitarbeitern dienstlich zur Verfügung stehender Kommunikations-Tools untersagt. Zu diesen Kommunikations-Tools zählte neben dem Mail-Postfach auch – der Fall spielt in 2007 – ein Yahoo Messenger. Diesen Messenger sollte auch der spätere Kläger für die Kommunikation mit Kunden des Unternehmens nutzen. Über das Verbot der Privatnutzung war der Mitarbeiter unterrichtet.
Im Rahmen einer allgemeinen Überprüfung wertete das Unternehmen für einen Zeitraum von acht Tagen den Yahoo Messenger des Mitarbeiters aus. Dabei wurde festgestellt, dass in erheblichem Umfange auch private Nachrichten darüber ausgetauscht worden waren. Damit konfrontiert, bestritt der Mitarbeiter zunächst jede private Nutzung. Erst als ihm ein 45-seitiger Ausdruck der Kommunikation aus dem fraglichen Zeitraum vorgelegt wurde, konnte er nicht mehr anders als die Privatnutzung zuzugeben.
Das Unternehmen kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis wegen der Verstöße gegen die internen Unternehmensrichtlinien. Hiergegen klagte der Mitarbeiter vor den rumänischen Gerichten. Dabei berief er sich darauf, dass die gewonnenen Erkenntnisse gar nicht verwertet werden dürften, weil sie unter Verletzung seiner Privatsphäre gewonnen worden wären. Die rumänischen Gerichte folgten dieser Argumentation nicht.
Nunmehr zog der Kläger wegen der Verletzung von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) durch die rumänischen Gerichte vor den EGMR. Dort verklagte er den Staat Rumänien, weil dieser – handelnd durch die staatlichen Gerichte – nicht ausreichend für den Schutz der Privatsphäre seiner Bürger sorge.
Der EGMR sah diesen Vorwurf als unberechtigt an. Er betont in der Entscheidung, dass es einer Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers einerseits und des Arbeitgebers andererseits bedürfe. Wenn, wie hier, die Privatnutzung der Kommunikations-Tools ausdrücklich verboten sei, dürfe der Arbeitgeber grundsätzlich davon ausgehen, dass die Tools eben auch nur für dienstliche Zwecke genutzt würden. Außerdem habe ein Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, die Einhaltung der Arbeitszeiten durch seine Mitarbeiter zu kontrollieren. Dies gelte jedenfalls, soweit diese Prüfmaßnahmen nach Art und Umfang verhältnismäßig seien. Für die Verhältnismäßigkeit führt das Gericht hier insbesondere an, dass sich die Auswertung nur auf den Yahoo Messenger, nicht aber zugleich auf den Mail-Account bezogen habe. Auch würdigte der Gerichtshof, dass der konkrete Inhalt der privaten Kommunikation weder in der Begründung der Kündigung des Arbeitgebers noch in den Urteilen der rumänischen Gerichte eine Rolle gespielt habe. Hier sei einzig die Tatsache an sich von Bedeutung gewesen, dass das Tool verbotswidrig für private Zwecke genutzt wurde. Damit sei auch im Hinblick auf die Rechte der Kommunikationspartner der Eingriff in die Privatsphäre auf das Mindestmaß reduziert worden.
Das Urteil kann unbeschadet deutscher Besonderheiten künftig eine wichtige Argumentationshilfe für Arbeitgeber sein, die zur Wahrung berechtigter Interessen die Kommunikation ihrer Mitarbeiter stichprobenartig auf die Einhaltung betrieblicher Vorgaben zur Privatnutzung untersuchen wollen. Zu berücksichtigen ist aber auch und insbesondere, dass Verbote der Privatnutzung dann ihre Durchsetzbarkeit einbüßen können, wenn sie nicht kontrolliert und Verstöße nicht sanktioniert werden. Dann kann sich nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen trotz geschriebenen Verbots eine faktische betriebliche Übung etablieren, nach der die Privatnutzung eben doch erlaubt ist.