Markenrecht: Markenähnlichkeit zwischen Abkürzungen

Im Hinblick auf Kurzzeichen, die als Marke eingetragen oder markenmäßig genutzt werden, galt bislang die Maxime, dass eine hinreichende Unterscheidbarkeit in der Regel schon durch die Abweichung in nur einem Buchstaben erreicht werden kann. Der BGH hat nun eine wichtige Ausnahme von diesem Prinzip statuiert (BGH, Urteil vom 05.03.2015 – I ZR 161/13).

In dem Rechtsstreit ging es um die in Deutschland u.a. für Software eingetragene Wortmarke „IPS“. Deren Inhaber wehrte sich gegen die Verwendung des Zeichens „ISP“ durch ein polnisches Unternehmen auf dem deutschen Markt. Denn dieses wurde ebenfalls im Zusammenhang mit IT-bezogenen Leistungen benutzt. Der Markeninhaber sah hier eine Verwechslungsgefahr.

Unter Berufung auf die hergebrachte Rechtsprechung wiesen die Vorinstanzen die Klage ab. Denn zwischen den Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr. Der Verkehr werde zwischen „IPS“ und „ISP“ hinreichende Unterschiede erkennen.

Der BGH erteilt dieser pauschalen Begründung nun eine Absage. Zumindest in klanglicher Hinsicht könne zwischen den beiden Zeichen durchaus eine hinreichende Ähnlichkeit bestehen, um bei sehr nahe beieinander liegenden Waren und Dienstleistungen von einer Verwechslungsgefahr auszugehen.

Denn, so argumentiert das Gericht, bei Abkürzungen komme es entscheidend auf die Vokalfolge an. Denn diese Vokale dominierten den flüchtigen klanglichen Gesamteindruck. Die Vokalfolge sei mit „i-e-e“ bei den beiden Vergleichszeichen identisch. Damit bedürfe es weiterer Untersuchung durch das Berufungsgericht, ob nicht doch eine Verwechslungsgefahr bestehe.

Im konkreten Fall scheint die Begründung des BGH zwar eher fernliegend – verallgemeinert man allerdings die Überlegungen des Gerichts ergeben sich interessante neue Argumentationslinien zur Abgrenzung und Verteidigung von Marken. Der BGH hat im Fall „IPS/ISP“ nämlich nicht berücksichtigt, dass die Vokale beim Buchstabieren der Abkürzung quasi vertauscht sind. Zwischen „i-pe-ess“ und „i-ess-pe“ dürfte danach auch nach nochmaliger Prüfung keine hinreichende Ähnlichkeit gegeben sein. Anders dürfte dies aber künftig bei Vergleichszeichen wie „WMO/BNO“ sein. Hier ist schriftbildlich ersichtlich keine Ähnlichkeit vorhanden, klanglich hingegen ist die Vokalfolge identisch, und auch zwischen den Konsonanten bestehen Ähnlichkeiten.

Solche und ähnliche Fälle dürften nach dem Urteil des BGH die Gerichte nun viel häufiger beschäftigen als bislang. Die Rechtsprechung wird also voraussichtlich bald vielfach Gelegenheit erhalten, die neue Linie des BGH weiter auszugestalten. Für Markeninhaber ergeben sich so neue Möglichkeiten, ihre Zeichen zu verteidigen. Umgekehrt sollten Unternehmen künftig deutlich vorsichtiger damit sein, Abkürzungen als Herkunftshinweis auf ihre Produkte aufzubringen.

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