Neben dem Schutz von Marken und Designs kennt auch das Wettbewerbsrecht einen Nachahmungsschutz. Dieser sogenannte ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz soll z.B. vor der Übernahme von Produktaufmachungen durch Konkurrenten schützen. Das OLG Köln hat nun eine deutliche Erweiterung dieses Schutzgedankens vorgenommen (OLG Köln, Urteil vom 12.12.2014 – 6 U 28/14).
In dem Streit ging es um die Produktaufmachung von diätetischen Lebensmitteln. Nach den Feststellungen des Gerichts ist das Produkt „Almased“ in diesem Bereich mit weitem Abstand Marktführer. Das Produkt wird in Pulverform unter anderem in einer 500g-Dose vertrieben. Eines der Hauptgestaltungsmerkmale der Dose sind drei ineinander verschlungene, als Pfeile ausgestaltete Kreise. Diese sind mit Angaben zu einzelnen Inhaltsstoffen des Produkts verbunden.
Ein Discounter brachte unter dem Handelsnamen „VITA-SED“ ebenfalls ein pulverförmiges diätetisches Lebensmittel auf den Markt. Das Produkt wurde auch in einer 500g-Dose gleicher Form vertrieben. Auch diese zeigt die Abbildung von drei Kreisen mit aufeinander bezogenen Pfeilen. Diese sind nicht ineinander verschlungen, sondern – in ähnlicher Anordnung – übereinander gestapelt, sodass sich eine Art Dreieck ergibt.
Neben dieser Ähnlichkeit der Produktaufmachung ergibt sich auf den ersten Blick ein wesentlicher Gestaltungsunterschied dadurch, dass auf der Discounter-Verpackung eine brünette Frau abgebildet ist, die ein Glas mit dem aufgerührten „VITA-SED“-Pulver in der Hand hält.
Das OLG Köln geht dennoch von einer unlauteren Nachahmung aus. Denn, so das Gericht, die abgebildete Frau erscheine wie ein Klon der von „Almased“ seit Jahren als Werbefigur genutzten Frau. Diese sei zwar auf der Produktverpackung nicht zu sehen, werde aber als Werbeträgerin in Fernsehspots eingesetzt. Diese werde als das „Almased“-Gesicht bezeichnet.
Dadurch dass der Discounter auf der Verpackung dieses weitere, der „Almased“-Produzentin zuzuschreibende Gestaltungsmerkmal benutze, werde beim Verkehr durch die Gesamtaufmachung der Eindruck entstehen, es handele sich bei dem Produkt um eine Zweitmarke von „Almased“. Auch könne hierin eine unzulässige Rufausbeutung des unangefochtenen Marktführers zu sehen sein.
Mit dieser Sichtweise öffnet das Gericht ganz neue Wege, gegen eine Produktnachahmung vorzugehen. Bislang galt der Grundsatz, dass allein die Produktaufmachungen selbst miteinander zu vergleichen seien. Werden nun auch weitere externe Umstände mit in den Vergleich einbezogen, dürften sich in weniger krassen Fällen schnell erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Wie bekannt ist ein Werbegesicht? Wie weit ist eine Übernahme von Werbekampagnen zulässig? Wie steht es mit Abwandlungen von alten Werbeslogans der Konkurrenz? Wie bekannt muss eine solche Werbung sein? Es wird sich zeigen, ob weitere Instanzgerichte der neuen Linie des OLG Köln folgen und wann der BGH Gelegenheit zu einer höchstrichterlichen Stellungnahme hierzu erhält. Der konkrete Fall jedenfalls ging nicht in die Revision vor das höchste Zivilgericht.