Markenrecht: Schwacher Markenschutz für Hotels und Gaststätten

Schlechte Nachrichten für Markeninhaber aus den Bereichen Gastronomie und Hotellerie sendet das KG Berlin. In einem Urteil legen die Richter strenge Maßstäbe an den beschreibenden Charakter von Marken in diesem Bereich an. Zugleich beschränken sie den Markenschutz in diesen Bereichen praktisch auf die Verwendung identischer Zeichen (KG, Urteil vom 17.03.2015 – 5 U 111/13).

Darum ging’s: Ein Unternehmer hatte sich die Marke „Rio Grande“ für gastronomische Dienstleistungen eintragen lassen. Er hatte die Marke an verschiedene Restaurantbetreiber im Großraum Hamburg lizenziert, die ihre Lokale in Eigenregie und mit unterschiedlicher Ausrichtung betrieben. Der Markeninhaber wollte sich nun gegen die Verwendung der Bezeichnung „Riogrande“ durch eine Gastronomin in Berlin zur Wehr setzen und klagte.

Normalerweise – und so hatte es auch das LG Berlin in 1. Instanz gesehen – scheint eine solche Klage ein Selbstgänger zu sein. Denn zwischen den Zeichen „Rio Grande“ und „Riogrande“ besteht eine hochgradige Ähnlichkeit, in der Aussprache sind sie sogar vollkommen identisch. Werden – wie hier – unter der Bezeichnung auch noch identische Dienstleistungen angeboten, wäre die markenrechtliche Verwechslungsgefahr in der Regel unproblematisch zu bejahen.

Das gelte allerdings nicht uneingeschränkt und insbesondere nicht im vorliegenden Fall, urteilte in 2. Instanz das KG Berlin.

Denn die Bezeichnung „Rio Grande“ habe stark beschreibenden Charakter hinsichtlich der gastronomischen Dienstleistungen. Schließlich sei – so die etwas kühne Behauptung des Senats – allgemein bekannt, dass der Rio Grande der Grenzfluss zwischen den USA und Mexiko sei. Deswegen wiederum enthalte der Begriff einen unzweideutigen Hinweis auf die sog. Tex-Mex-Küche. Aus diesem Grunde sei die Kennzeichnungskraft der Marke stark geschwächt.

Die weiteren Ausführungen des Gerichts lassen indes wirklich aufhorchen und dürften viele Markeninhaber aus den Bereichen Gastronomie und Hotellerie noch vor Schwierigkeiten stellen. Denn das Gericht führt aus, dass der Verkehr in den genannten Bereichen daran gewöhnt sei, dass es vielerorts gleichnamige Etablissements gebe. Diese würde der Verkehr nicht demselben Betreiber zuordnen – jedenfalls dann nicht, wenn es sich nicht um bundesweit agierende Ketten handele. Die Anforderungen für eine Herkunftsverwirrung seien deswegen besonders hoch.

Zudem handele es sich bei einem Restaurantbesuch – wiederum eine gewagte These – um eine besonders bewusste Entscheidung, die der Durchschnittsverbraucher nicht im Vorbeigehen treffe. Er werde deshalb trotz bestehender Gemeinsamkeiten eher auf die Unterschiede von Bezeichnungen achten, seien sie auch noch so gering.

Aus den genannten Gründen – geringe Kennzeichnungskraft, Gewöhnung an gleiche Bezeichnungen an unterschiedlichen Orten, gesteigerte Aufmerksamkeit – sei der Inhaber der Marke „Rio Grande“ praktisch auf einen Identitätsschutz verwiesen. Die wenn auch nur geringfügig abweichende Bezeichnung „Riogrande“ verletze seine Rechte nicht. Anderes hätte nur gelten können, wenn es sich bei den „Rio Grande“-Restaurants um eine gleichförmige Kette gehandelt hätte.

Die Entscheidung verwirrt, und das nicht nur wegen der befremdlichen Annahmen des Gerichts zu Kenntnissen und Wahrnehmungen der durchschnittlichen Verkehrskreise. Wie schon die Entscheidung des Bundespatentgerichts zu Apotheken aus dem Jahr 2014 (vgl. hierzu unseren Blog unter http://anwaltskanzlei-online.local/2014/10/06/markenrecht-markenschutz-fuer-platzgeschaefte-apotheken-friseurgeschaefte-hotels-und-co/), begibt sich auch das KG Berlin auf den vom Gesetz nicht vorgesehenen Weg eines Markenschutzes zweiter Klasse für solche Anmelder, die Geschäfte betreiben, die nicht notwendig auf bundesweite Ausdehnung ausgelegt sind.

Dies mag zwar opportun erscheinen, um nicht einzelnen Marktteilnehmern die Monopolisierung nur regional oder gar lokal verwendeter Begriffe für das gesamte Bundesgebiet zu gestatten. Einen Regionalmarkenschutz sieht das Markengesetz allerdings nicht vor. Diese Tendenzen in der Rechtsprechung übertragen vielmehr die Ideen und Prinzipien des Schutzes von gerade nicht als Marke eingetragenen Unternehmenskennzeichen auf den Bereich der registrierten Zeichen. Damit wird den Markeninhabern im Übrigen auch die Möglichkeit genommen, mit Aussicht auf Erfolg im Sinne einer auch zeichenmäßigen Alleinstellung genau die Expansion zu betreiben, die die Gerichte zur Voraussetzung für den vollen Markenschutz machen wollen. Der Wert der Marken in diesem Bereich wird damit deutlich herabgesetzt.

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