Markenrecht: Markenwiderspruch aus anderen Kennzeichenrechten erleichtert

Wird eine Marke EU-weit beim HABM angemeldet, haben andere Marktteilnehmer innerhalb einer dreimonatigen Widerspruchsfrist Gelegenheit, die Eintragung anzugreifen. Hierfür können sie sich nicht nur auf eigene, ältere Marken berufen. Auch sog. Kennzeichenrechte von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung können der neuen Marke entgegengehalten werden – für die Anmelder ein nicht unerhebliches Risiko, denn diese Kennzeichenrechte finden sich in keinem Verzeichnis oder Register. Der EuGH hat die Anforderungen an solche Kennzeichenrechte nun präzisiert (Urteil vom 10.07.2014 – C-325/13 und C-326/13).

Konkret ging es um den immer wieder auch vor deutschen und europäischen Gerichten ausgetragenen Konflikt zwischen den beiden Unternehmen Peek & Cloppenburg (P&C). Beide Unternehmen – eines mit Sitz in Hamburg, das andere mit Sitz in Düsseldorf – betreiben Einzelhandelsgeschäfte für Bekleidung in Deutschland und verwenden dabei dieselben bzw. sehr ähnliche Zeichen. Ein Abgrenzungsabkommen legt – vereinfacht gesagt – fest, dass P&C Hamburg nur im nördlichen Teil, P&C Düsseldorf nur im südlichen Teil Deutschlands tätig wird.

P&C Düsseldorf meldete ungeachtet dessen zwei Gemeinschaftswortmarken für verschiedene Bekleidungsartikel sowie Einzelhandelsdienstleistungen beim HABM an. Gegen diese Anmeldung ging P&C Hamburg mit dem Widerspruch vor und berief sich dabei auf ältere Kennzeichenrechte von nicht lediglich örtlicher Bedeutung, Art. 8 IV GMV.

Der Streit, was ein solches Kennzeichenrecht von nicht lediglich örtlicher Bedeutung eigentlich ist, wurde in der Folge durch alle Instanzen ausgefochten – jeweils mit negativem Ausgang für P&C Düsseldorf. Die Entscheidung ist vor allem deswegen relevant, weil die GMV in der Auslegung des EuGH weniger strenge Anforderungen stellt als das deutsche MarkenG.

Denn – so urteilten die Richter – es sei nicht erforderlich, dass sich das ältere Kennzeichenrecht bzw. das hierauf gestützte Untersagungsrecht auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstrecke. Ausreichend sei es, wenn dies für einen bedeutenden Teil des Staatsgebiets gelte. Das norddeutsche Vertriebsgebiet von P&C Hamburg sahen die Richter dabei als wesentlich an.

Anders ist dies in Bezug auf deutsche Marken: § 12 MarkenG verlangt für einen erfolgreichen Widerspruch nämlich, dass der Inhaber des älteren Kennzeichenrechts gestützt auf dieses die Benutzung der Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untersagen könnte. Liegt lediglich ein räumlich beschränktes Kennzeichenrecht vor, kann es lediglich umgekehrt eine Duldungspflicht des Markeninhabers geben.

Die Konsequenz des Urteils ist vielschichtig: Markenanmelder müssen damit rechnen, dass aus nirgends registrierten Kennzeichenrechten Widerspruch erhoben wird. Dem wird nur durch umfangreiche Marktrecherchen im Vorwege zu begegnen sein. Außerdem ist zumindest mit Blick auf Deutschland die parallele Anmeldung von deutschen und Gemeinschaftsmarken zu empfehlen – zumindest dann, wenn in einem bedeutenden Teil Deutschlands möglicherweise relevante Kennzeichenrechte Dritter bestehen.

Für die Inhaber von Kennzeichenrechten hingegen bedeutet das Urteil eine Stärkung dieser Rechte. Es empfiehlt sich daher für solche Unternehmen, die Schutzrechtslage sorgsam im Auge zu behalten, um diese Rechte auch effektiv nutzen zu können.

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