In die Frage, wie hoch die Schadenserstzansprüche der Rechteinhaber gegenüber Teilnehmern von Filesharing-Netzwerken sind, kommt Bewegung. Gleich mehrere erstinstanzliche Urteile schrauben die geforderten Summen vehement zurück. Ob sich diese Tendenz aber durchsetzen wird, insbesondere ob die Berufungsinstanzen den Weg mitgehen werden, scheint noch fraglich.
Wer eine Abmahnung wegen Filesharing erhält, blickt oft mit großen Augen auf die darin geforderten Schadensersatzbeträge. Denn für die illegale Verbreitung nur eines Musikstücks setzen die Rechteinhaber durchaus einmal Beträge von mehreren hundert Euro an. Berechnet werden diese Ansprüche nach der sog. Lizenzanalogie-Methode, bei der eigentlich zu fragen ist, welchen Betrag der Rechteinhaber von dem Abgemahnten hätte verlangen können, wäre ihm die abgemahnte Handlung erlaubt worden.
Der Gesetzgeber hat diese Frage auch bei dem im Herbst 2013 in Kraft getretenen Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken nicht geregelt. Die Frage der Angemessenheit der geltend gemachten Ansprüche bleibt so im Zweifel Sache der Gerichte.
Einige erstinstanzliche Urteile der vergangenen Monate fallen nun deutlich zugunsten der Verbraucher aus. So haben eine Reihe von Amtsgerichten Schadensersatzansprüche von nur noch 10 bis 20 Euro pro Musikstück für angemessen erachtet (AG Köln, Urteil vom 10.03.2014 – 125 C 495/13 (10 Euro); AG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2014 – 57 C 3122/13 (20 Euro)) Schon 2010 hatte das LG Hamburg einen ähnlichen Versuch gestartet (Urteil vom 08.10.2010 – 308 O 710/09 (15 Euro)), wurde allerdings zuletzt vom OLG Hamburg aufgehoben; die dortigen Richter setzten den Betrag wieder auf 200 Euro pro Musikstück herauf (Urteil vom 07.11.2013 – 5 U 222/10).
Dieses „Schicksal“ mag auch den zitierten Entscheidungen aus NRW bevorstehen. Allerdings sind die dort aufgeführten Gründe für die Berechnung des deutlich geringeren Schadensersatzes nicht von der Hand zu weisen und machen Hoffnung, dass vielleicht doch einmal eine Änderung der Rechtsprechung insgesamt eintreten könnte.
Denn gestützt wird die Berechnung insbesondere auch darauf, dass der Tatbeitrag des einzelnen Nutzers eines Filesharing-Netzwerks kaum ins Gewicht falle. Schließlich werden im Rahmen eines solchen Netzwerks niemals ganze Titel (Musikstücke oder Filme), sondern immer nur kleine Dateipakete hochgeladen, die dann beim jeweiligen Nutzer wieder zusammengesetzt werden. Da zudem teilweise Millionen Nutzer angeschlossen sind, ist der einzelne in diesem System tatsächlich kaum wirklich ursächlich für eine Verbreitung des Werks.
Ungeachtet den der Musik- und Filmindustrie durch das illegale Filesharing entstehenden Schäden, sind die fiktiven Lizenzgebühren daher zumindest bezogen auf den einzelnen Nutzer exorbitant hoch und stehen tatsächlich kaum im Verhältnis zu dem durch diesen konkret verursachten Schaden.
Es wird also spannend sein, hier die weitere Tendenz zu beobachten. Diese Spannung wird verstärkt durch die zu erwartende Verbreiterung der Rechtsprechung. Denn mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken wurde immerhin festgelegt, dass die Rechteinhaber künftig am Sitz des Verbrauchers werden klagen müssen. In der Zukunft werden also vermehrt Amtsgerichte entscheiden, die bislang nicht oder kaum mit den Angelegenheiten befasst waren. Denn bislang konnten die Rechteinhaber sich das Gericht mehr oder weniger frei auswählen und entschieden sich – klar – für die Gerichte, welche besonders hohe Schadensersatzbeträge zusprechen.